Das 10. Opfer

      Das 10. Opfer






      Das 10. Opfer
      (La Decima vittima)
      mit Marcello Mastroianni, Ursula Andress, Elsa Martinelli, Salvo Randone, Massimo Serato, Milo Quesada, Luce Bonifassy, George Wang, Evi Rigano, Walter Williams, Richard Armstrong, Antonio Ciani
      Regie: Elio Petri
      Drehbuch: Robert Sheckley / Tonino Guerra
      Kamera: Gianni Di Venanzo
      Musik: Piero Piccioni
      FSK 16
      Frankreich / Italien / 1965

      Brot und Spiele im 21. Jahrhundert: Ein internationales, staatlich sanktioniertes Medien-Großevent namens "Die Große Jagd" dient der Weltbevölkerung inzwischen als Aggressionsventil. Wer es schafft, bei diesem Spiel zehn Duelle zu überleben - jeweils fünf als Opfer und fünf als Jäger - dem winkt am Ende das große Geld. Als Caroline und Marcello, die beiden Topkiller der Saison, schließlich gegeneinander antreten müssen, bekommen sie es plötzlich mit einem Gegner zu tun, den keiner von beiden bisher eingeplant hatte: der Liebe. Doch die Jagd ist eröffnet und die Welt wartet bereits gespannt auf das 10. Opfer...


      Die Thematik, das die Tötung anderer Menschen als legales Unterhaltungsmittel für die Bevölkerung dient ist nicht unbedingt neu und wurde in Filmen wie "Das Millionenspiel", "Kopfjagd - Preis der Angst" oder auch "Running Man" des Öfteren eindrucksvoll in Szene gesetzt. Doch schon vor den genannten Titeln gab es vorliegende Produktion, die auf dem Roman "Das siebte Opfer" von Robert Sheckley basiert und das Thema wohl so brillant wie kein weiterer Film bearbeitet. Nun endlich gibt es dieses Juwel der 60er Jahre auch bei uns auf DVD und wer jetzt die Lust auf eine äußerst bemerkenswerte Mischung aus SCI/FI-und Actionfilm verspürt, sollte sich diesen Film keinesfalls entgehen lassen. Während die Thematik in den anderen von mir genannten Filmen eher sehr ernst dargestellt wird, hat Regisseur Elio Petri seiner Version einen hohen komödiantischen Anteil verliehen, so das man die Ereignisse schon fast zwangsläufig mit einem Augenzwinkern hinnimmt. Dabei ist es insbesondere der unverhohlene Sarkasmus und die teilweise schon auf sehr skurrile Art dargestellte Gesellschaftskritik, die dem Szenario seinen ganz eigenen Stempel aufdrückt und die Geschichte auf ihre Art absolut einmalig erscheinen lässt.

      So wird dem Zuschauer in unzähligen Einstellungen die hier vorherrschende Selbstverständlichkeit des Tötens vor Augen geführt, kann man doch beispielsweise Gespräche der Hauptdarsteller beobachten, wobei sich im Hintergrund Menschen gegenseitig umbringen, als wenn dies das Selbstverständlichste auf der Welt wäre. Offizielle Ordnungshüter kontrollieren dann lediglich die Richtigkeit der Morde, was dem Ganzen schon eine äußerst abstruse Note verleiht. Alles geschieht im Rahmen des Gesetzes und wer aus Versehen eine falsche Person tötet, wandert automatisch ins Zuchthaus. Die gesamten Ereignisse wirken dabei so extrem grotesk, das man ganz automatisch in einen innerlichen Zwiespalt gerät. Einerseits ist man richtiggehend von der Vorstellung geschockt, das an dieser Stelle eventuell eine makabere Zukunftsversion dargestellt wird, andererseits möchte man am liebsten laut los lachen, denn die Absurdität des Geschehens ist so immens, das man schwerlich an sich halten kann. Noch mehr hervorgehoben wird dieses Gefühl durch immer wieder eingeführte Kontraste, deren Verhältnismäßigkeit zueinander in einer absoluten Schieflage steht. Das beste Beispiel dafür ist eine Szene, in der gerade ein Jäger sein Opfer getötet hat und dafür sogar beglückwünscht wird, um im nächsten Moment von einem Polizisten darüber informiert wird das er eine Strafe zahlen muss, da er sein Auto falsch geparkt hat.

      Diese Einstellung allein zeigt ganz eindeutig welch bitterer Sarkasmus den Ereignissen beiwohnt und mit solchen Momenten ist "Das 10. Opfer" von Anfang bis zum Ende nahezu gespickt. Neben dieser herausragenden Stärke dieses außergewöhnlichen Werkes sind es die brillant agierenden Darsteller, die der Geschichte ihren Stempel aufdrücken. Vor allem Marcello Mastroianni und Ursula Andress warten mit einer Performance auf, die man als absolut hervorstechend bezeichnen kann. Doch auch bis in die kleinsten Nebenrollen ist der Film absolut perfekt besetzt, jeder einzelne Akteur verleiht der Geschichte eine skurril anmutende Autenzithät und lässt sämtliche Abläufe jederzeit glaubwürdig erscheinen. Hierbei ist es gerade die Selbstverständlichkeit der Geschehnisse, die zu diesem Eindruck beiträgt, denn obwohl man sich als Betrachter aufgrund des grotesken Humors immer wieder mit der Hand vor den Kopf schlagen will, zweifelt man zu keiner Zeit daran, das der Story eine nötige Ernsthaftigkeit fehlen würde. Dieser innerliche Zwiespalt ist es dann auch, der dem Szenario etwas Grausames verleiht und man hofft inständig, das so eine Zukunft niemals zur Realität wird.

      Obwohl eigentlich schon genügend positive Gründe für eine Sichtung dieses Filmes vorliegen, sollten man ganz besonders auf die futuristische Ausstattung achten. In extrem kräftigen Farb-Kompositionen wurde der Geschichte ein stylisch imponierender Look verpasst. Dabei ist es vollkommen egal, ob es sich um die auf Zukunft getrimmten Schauplätze oder auf die Kleidung bezieht, bis in das kleinste Detail wurde hier liebevolle Arbeit geleistet, um dem Zuschauer ein futuristisches Ambiente zu bieten, dessen teils grelle Farben teilweise schon in den Augen schmerzen. Ein dem Geschehen angemessener Score rundet das perfekte Gesamtbild ab, so das man letztendlich nur zu einem überragenden Ergebnis kommen kann. "Das 10. Opfer" ist in meinen Augen ein absolutes Meisterwerk, das visuell und inhaltlich ein Filmerlebnis bietet, das man als wirklich brillant bezeichnen kann. Dank Bildstörung gibt es dieses herausragende Werk nun endlich auch bei uns auf DVD und ich kann eine Anschaffung nur unbedingt empfehlen.


      Fazit:


      Abstrus, grotesk-und vollgepackt mit unverhohlenem Sarkasmus bietet "Das 10. Opfer" eine skurrile Gesellschaftskritik der ganz besonderen Art. Diese Mixtur aus SCI/FI, Komödie-und Actionfilm bietet unglaublich sehenswerte Unterhaltung, die auch einen sehr nachhaltigen Eindruck im Gedächtnis des Zuschauers hinterlässt. Möchte man sich phasenweise ausschütten vor lachen, so stimmt das Szenario andererseits mehr als nachdenklich und beinhaltet auch einen bitteren Beigeschmack. Einmal mehr hat das Label Bildstörung sein Gespür für außergewöhnliche Film-Perlen unter Beweis gestellt und einem echten Kultfilm eine würdige Veröffentlichung spendiert.


      Die DVD:

      Vertrieb: Bildstörung
      Sprache / Ton: Deutsch DD 2.0 Stereo, DD 2.0 Mono / Italienisch DD 2.0 Mono
      Untertitel: Deutsch
      Bild: 1,85:1 (16:9)
      Laufzeit: 88 Minuten
      Extras: Marcello: A Sweet Life -- Dokumentarfilm über Marcello Mastroianni von 2006 (98 Min.), Alternative deutsche Opening-Credits (2 Min.), Booklet, exklusive Soundtrack CD


      10/10