Hellsangel333 - Schwarze Witwe

      Hellsangel333 - Schwarze Witwe

      Den ganzen Tag schon spürte Manu dieses Kribbeln im Bauch, das drängende Gefühl der Energie, das durch ihre Adern strömte und sie förmlich dazu zwang sich zu bewegen. Ein Teil von ihr schrie danach zu laufen, als ginge es um ihr Leben. Zu rennen, bis die Lungen brannten und das Herz die Brust zu sprengen drohte. Sie musste raus aus ihrem Alltag, raus aus allen Konventionen und dem Bild, dass der Rest der Welt von ihr hatte.

      Bisher konnte Manu sich immer gut beherrschen, hatte mit aller Kraft gegen das Verlangen angekämpft, ihrem Sehnen nachzugeben. Doch heute war der Drang einfach übermenschlich und so beugte sie sich dem Wesen tief in ihr, das langsam aber sich die Macht über ihr Bewusstsein übernehmen wollte.

      Der Blick in den mannshohen Spiegel verriet ihr, dass sie bereit war, sich der Dunkelheit hinzugeben. Ihre braunen Augen blitzten aus dem bleich geschminkten Gesicht hervor und bedachten die Welt mit einem spöttischen Blick. Immer wieder lösten sich einzelne Strähnen ihrer langen braunen Mähne und fielen ihr in die Augen, verschleierten ihren Blick. Ihre Lippen hatte sie leuchtend rot angemalt und jetzt sprachen sie verheißungsvoll von Lust und Leidenschaft. Manu wusste, dass sie in Männern den Wunsch erwecken würden, sie zu küssen. Und allein der Gedanke daran, die begehrlichen Blicke der Männer zu sehen, verschaffte ihr Genugtuung.

      Erwartungsvoll wanderte ihr Blick tiefer um auch den Rest ihrer Erscheinung in Augenschein zu nehmen. Ihr schlanker Körper steckte in einem kurzen schwarzen Kleid, dessen Rock nur knapp ihren runden Hintern bedeckte. Eine Korsage drängte ihre Brüste zusammen und verlieh ihr ein Dekoltee, das den Stoff des Kleides fast zu sprengen drohte. Nur einen winzigen Moment lang fragte sie sich, ob das Kleid nicht doch etwas zu gewagt sei, doch das Tier in ihr versicherte Manu, dass es für ihre Zwecke genau das Richtige war.

      Ihr Herz klopfte laut aus Vorfreude, während sie das kleine Messer in den Schaft ihres rechten Stiefels steckte und im Spiegel noch einmal kontrollierte, dass man es nicht sehen konnte. Sie roch förmlich schon das Blut, mit dem sie in Kürze seine Klinge beschmieren würde. Mit einem Lächeln im Gesicht verließ sie ihre kleine Wohnung und wandte sich ihrem Lieblingsclub zu.

      Das „Nirvana“ lag etwas versteckt in der verschlafenen Altstadt und galt schon seit Langem als Treffpunkt für sonderbare Gestalten. Seit einer der DJs beschlossen hatte eine „Dark Night“ einzuführen, gehörte die Freitagnacht den schwarzen Massen, die sich aus den umliegenden Städtchen zusammen schlossen um die Nacht zum Tag zu machen. Manu liebte die angespannte Atmosphäre, die freitags im „Nirvana“ herrschte, doch schon seit langem verweigerte sie sich selbst die durchtanzten Nächte, aus Angst, dass sie das Tier in sich sonst nicht mehr zügeln konnte. Doch heute, da es schon ausgebrochen war, wollte sie die Dunkelheit zelebrieren.

      Erwartungsvoll betrat sie das Kellergewölbe, dessen schwarz gestrichene Wände von blutroten Lichtern angestrahlt wurden. Sie spürte, wie sie die Blicke der Männer anzog und genoss die Aura der Unnahbarkeit, die sie als Objekt der Begierde verströmte. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie das Lied von Rammstein hörte, das durch die Räume hallte. Das Tier in ihr knurrte begehrlich, während der Sänger sein „Gott weiß ich will kein Engel sein“ in die Welt hinaus schrie. Ja, das war das richtige Motto für diese Nacht.

      Manu spürte den unbändigen Drang zu tanzen. Wie von selbst lenkten sie ihre Schritte zur Tanzfläche, wo sich bereits ein paar schwarze Gestalten zum Rhythmus der Musik bewegten. Sie schloss sich ihnen an und genoss den Adrenalinrausch, den die laute Musik und die grellen Lichter in ihr hervor riefen. Sie wollte die ganze Nacht durch tanzen, bis die Muskeln schmerzten und ihr ganzer Körper um eine Pause bettelte. Der ganze Frust, den sie die letzten Wochen und Monate angestaut hatte, musste jetzt raus.

      In der kurzen Pause zwischen zwei Liedern fasste ihr ein junger Kerl an die Schulter und sprach sie mit begehrlichen Blicken an. Er störte Manu dabei sich auszuleben und so schickte sie ihn mit eisigen Worten davon. Dabei fiel ihr jedoch ein anderer Mann auf, der etwas abseits in einer Ecke saß und an seiner Bierflasche nippte, während er die Tänzer im Mittelpunkt des Raumes beobachtete. Er wirkte kräftig gebaut und schien alles andere als ein Mittläufer zu sein. Sein Blick hatte etwas dominantes, er vermittelte den Eindruck in der Lage zu sein, Manu zu zähmen. Natürlich wusste sie, dass niemand dazu in der Lage war, doch er hatte ihr Interesse geweckt. Und es wunderte sie nicht, dass das Tier bei seinem Anblick wohlig zu schnurren begann. Es hatte ihn ausgewählt, er sollte das Opfer sein.

      Sie wartete, bis er in ihre Richtung schaute, lächelte ihn sinnlich an und begann schließlich, nur für ihn zu tanzen. Jede Bewegung betonte ihre Reize, von denen sie genau wusste, wie man sie wirkungsvoll in Szene setzte. Und schnell war klar, dass sie ihn in ihren Bann gezogen hatte. Manu spürte seine Blicke auf ihrer Haut und genoss die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte. Doch sie wollte nicht, dass er sie ansprach, wollte nicht dass sie jemand zusammen sah. Deshalb wachte sie über seine Bewegungen, immer auf der Hut um zu bemerken, wann er aufstehen wollte. Als es schließlich so weit war, verließ sie das „Nirvana“. Sie warf ihm noch einen letzten sehnsüchtigen Blick zu und drehte sich um.

      Ihre Stiefel hinterließen ein leises Geräusch in den einsamen Gassen, durch die ihr Weg sie führte. Manu hatte ihn bewusst ausgewählt und genoss die Stille, die sie umgab. Er würde ihr folgen, das wusste sie. Er konnte ihren Reizen nicht widerstehen. In einer kleinen Seitengasse gesellte sich das Geräusch weiterer Schuhe zu dem Pochen ihrer Stiefel und schon nahm Manu eine dunkle Gestalt hinter sich wahr. Er war es, sich brauchte sich nicht einmal umzuschauen um das zu wissen. Sie verlangsamte ihre Schritte und ließ ihn näher kommen, bis er schließlich dicht hinter ihr war.

      „Findest du, dass es eine gute Idee ist nachts durch die Stadt zu gehen? So allein und schutzlos?“ Seine tiefe Stimme ließ wohlige Schauer über ihren Rücken laufen. Und sofort begann das Tier vor Erregung seine Krallen an ihren Eingeweiden zu wetzen. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit und weckte in ihr den Wunsch nach mehr. So gelassen es ging blieb sie stehen und sagte zu ihm, ohne sich umzudrehen: „Bin ich denn in Gefahr?“ Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als er hinter sie trat und einen Arm um ihren Körper schlang. Er presste seine Brust an ihren Rücken und flüsterte ihr ins Ohr: „Vielleicht. Wenn du das willst.“ Manu bemühte sich das triumphierende Lächeln zu unterdrücken, das sich in ihrem Gesicht breit gemacht hatte, bevor sie sich umdrehte und ihn leidenschaftlich küsste. „Und ob ich das will“.

      Vor Erregung zitternd lehnte Manu an einer Hauswand und spürte den heißen Atem des Unbekannten an ihrem Hals. Das Adrenalin jagte durch ihre Adern und ließ jede seiner Berührungen wie Feuer wirken. Gierig begannen sie einander zu küssen, während er seine Hand zunächst in ihren Ausschnitt und später unter ihren Rock wandern ließ. Ein Seufzer der Lust entwich ihren Lippen, als er ihr Heiligtum berührte und ihren Kitzler zu massieren begann. Sie wollte ihn unbedingt tief in sich spüren. Mit zittrigen Händen öffnete sie den Knopf seiner Hose und nur zu gerne half er ihr dabei, sein bereits erigiertes Glied aus dem Stoff zu befreien.

      Mit voller Wucht drang er in sie ein und ignorierte dabei die kleinen Schmerzenslaute, die Manu von sich gab. Die Gier machte ihn blind gegenüber ihren Bedürfnissen. Und doch genoss Manu die raue Behandlung, erwiderte seine harten Stöße und hielt ihn nicht davon ab, ihr weitere Schmerzen zuzufügen. Sie spürte, wie die Lust sie zu übermannen drohte und einen Orgasmus herauf beschwor. Doch sie wusste auch, dass der Fremde schneller sein würde und sich in ihr ergießen würde, noch lange bevor sie zum Höhepunkt kommen konnte.

      Der Unbekannte war so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er gar nicht bemerkte, wie sie ihr Bein anwinkelte und das Messer aus ihrem Stiefel zog. Wieder gab sie sich seinen Stößen hin und horchte auf das Tier in ihr, das nach einem Orgasmus schrie. Doch natürlich machte sich der Fremde nicht die Mühe auf sie zu achten und so dauerte es nicht lange, bis er laut stöhnend in ihr kam. Das Tier fauchte vor Enttäuschung und presste seine Klauen in Manus Herz. Manu gehorchte und rächte den verschmähten Orgasmus, indem sie das Messer in seinen Rücken jagte. Der Fremde riss die Augen auf, die er bisher vor Leidenschaft geschlossen hatte und sah sie mit fast schon fragendem Blick an. Er konnte nicht schreien, Manu hatte bewusst auf seine Lungen gezielt.

      Fasziniert betrachtete Manu, wie zusätzlich zu den letzten Tropfen seines Spermas auch die ersten Tropfen seines Blutes zu fließen begannen. Wie sehr sie diesen Anblick doch genoss! Den kleinen Rausch der Macht, der mit dem Blut einher ging. Sie wusste, dass er nicht an der Stichwunde sterben würde, dazu war das Messer viel zu klein. Es war das Gift daran, das seine Lebensgeister zerstören würde. Langsam sank der Fremde vor ihr auf die Knie. Sein Anblick war grotesk, als wollte er sie um Verzeihung bitten. Doch die weit aufgerissenen Augen mit dem wirren Blick und die bläulichen Lippen verrieten, dass er nicht um Vergebung für die fehlende Erfüllung, sondern vielmehr um sein Leben bettelte. Manu liebte es, wenn das Licht in den Augen erlosch.

      Kurze Zeit später fiel der Unbekannte vorn über und begann zu krampfen. Weißer Schaum bildete sich vor seinem Mund und bildete unter ihm eine kleine schleimige Pfütze. Dies war der eher unschöne Teil eines solchen Abends und Manu musste feststellen, dass das Spiel bereits seinen Reiz verloren hatte. Sie hatte genug von dem Opfer, das vor ihr lag und langsam verreckte. Sie überlegte, ob sie seinem Leid ein Ende bereiten sollte, doch sie wollte sich nicht ihre Hände an ihm schmutzig machen. Also warf sie ihm noch einen letzten Blick zu und machte sich dann auf den Heimweg.

      Morgen würde sie wieder ganz normal sein, pflichtbewusst und unauffällig. Wie es sich für eine gute Angestellte gehörte. Niemand würde ihr ansehen, dass tief in ihrem Innern ein wildes Tier schlummerte, das dann und wann ausbrach und Verwüstung mit sich brachte. So wie heute. Doch das lag schon wieder hinter ihr, schien nur noch ein aufregender Traum zu sein, den sie gelegentlich träumte. Seufzend zog sie ihren MP3-Player aus ihrer Tasche und schaltete ihn ein. Wie eine trübe Erinnerung schoss noch ein letzter Adrenalinstoß durch ihre Venen, als sie das Lied von Eisbrecher hörte, das sie auf ihrem Heimweg begleiten würde:

      Schwarze Witwe
      reiß mir das Herz aus der Brust
      Beug dich in meinen Schoß
      Lass mich krepieren vor Lust —
      heut Nacht

      Keine Rettung
      Ich trag dein Gift schon in mir
      All meine Lebenskraft
      versinkt im Abgrund der Gier —
      heut Nacht