Carrie (2013)

      Carrie (2013)



      Carrie
      (Carrie)
      mit Chloë Grace Moretz, Julianne Moore, Gabriella Wilde, Portia Doubleday, Alex Russell, Zoë Belkin, Ansel Elgort, Samantha Weinstein, Karissa Strain, Judy Greer, Katie Strain, Barry Shabaka Henley, Demetrius Joyette
      Regie: Kimberly Peirce
      Drehbuch: Lawrence D. Cohen / Roberto Aguirre-Sacasa
      Kamera: Steve Yedlin
      Musik: Marco Beltrami
      FSK 16
      USA / 2013

      Freude kennt die schüchterne Carrie kaum. In der Highschool hänseln und mobben ihre Mitschüler sie auf übelste Weise, zuhause macht die fanatisch-religiöse Mutter dem Teenager das Leben zur Hölle. Carrie entwickelt telekinetische Kräfte, die immer stärker werden, je mehr Demütigungen sie erdulden muss. Als sie auf dem Abschlussball Opfer einer besonders schlimmen Attacke wird, endet das Fest in einer Katastrophe...

      Gerade unter den Horrorfilmen gibt es ja seit Jahren zu fast jedem älteren Film eine Neuauflage und so war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch Brian De Palma's Meisterwerk "Carrie - Des Satans jüngste Tochter" neu aufgelegt würde. Der größte Unterschied zwischen dem Original und dem Remake dürfte dabei wohl ganz eindeutig im Budget liegen, denn während die 76er Version gerade einmal mit geschätzten 1.800.000 $ produziert wurde, verschlang das Werk von Kimberly Peirce doch immerhin stolze 30.000.000 $. Der finanzielle Unterschied dürfte sich dabei wohl hauptsächlich in den Effekten zu erkennen geben, denn diese sind ganz bestimmt der Höhepunkt in der zeitgemäß umgesetzten Neuauflage, die sich ansonsten jedoch kaum vom Original abhebt. Eher das Gegenteil ist hier der Fall, denn anstatt das Geschehen mit einigen neuen Impulsen zu versehen, hat man sich doch in weiten Teilen extrem an die Vorlage von De Palma angelehnt, so das man prinzipiell durchaus von einer aufgepeppten 1:1 Kopie sprechen kann. Lediglich gleich zu Beginn und ganz am Ende der Erzählung ergeben sich einige kleine Momente, die man dem Original-Stoff hinzugefügt hat. So wird das Remake dann wohl auch von vielen Leuten viel eher als zweischneidiges Schwert angesehen werden, denn immer gerade dann wenn sich eine neue Verfilmung als Kopie herausstellt, muss sie sich dem direkten Vergleich mit dem zuvor erschienenen Klassiker stellen. In dieser Beziehung kann dann auch vorliegender Film keinesfalls mithalten, wurden doch sogar phasenweise diverse Dialoge fast 1:1 übernommen, was nicht unbedingt für eine ausgeprägte Fantasie von Kimberly Peirce, die ihrer Erzählung wirklich überhaupt keine neuen Ideen beifügen konnte, was ich persönlich ziemlich schade finde.

      Das sich die neue Version des literarischen Stoffes von Stephen King dennoch als äußerst sehenswert gestaltet ist in erster Linie den beiden Hauptdarstellerinnen Chloë Grace Moretz und Julianne Moore zu verdanken, die in den Rollen von Carrie und ihrer Mutter absolut überzeugende Leistungen abliefern. Während Moore wie geschaffen erscheint für die Figur der religiös fanatischen Mutter, brilliert insbesondere die junge Chloë Grace Moretz als die in sich gekehrte Carrie und läuft stellenweise zur absoluten Höchstform auf. Dennoch können die grandiosen Performances einer Piper Laurie und Sissi Spacek aus dem Original zwar nicht ganz erreicht werden, dennoch bewegt sich das Schauspiel der beiden Haupt-Akteure ziemlich nah an der Perfektion. Die restlichen Figuren sind hingegen mit recht austauschbaren Darstellern besetzt, von denen sich kein einziger in irgendeiner Art und Weise besonders hervortut, so das man an dieser Stelle auch auf so ziemlich jede andere Besetzung hätte zurückgreifen können. Hier ist man dann auch bei einer der größten Schwächen angelangt, denn dieser Punkt gestaltete sich doch im Original noch ganz anders, da man dort auch durchaus seinen Gefallen am Rest der Darsteller-Riege finden konnte, was hier aber in keiner Phase des Filmes auch nur annähernd der Fall ist. So legt man dann auch den eigenen Fokus ganz eindeutig auf Moretz und Moore und erfreut sich dabei an ausdrucksstarkem und jederzeit überzeugendem Schauspiel, das sich ziemlich deutlich vom austauschbaren-und blassen Rest abhebt, der größtenteils lediglich den Status der notwendigen Staffage einnimmt.

      Desweiteren kann man sich dann als Zuschauer auch an den schon kurz erwähnten Effekten erfreuen, die jedoch in der Hauptsache erst in den letzten gut 40 Minuten verstärkt zum Einsatz kommen. Diese kann man nämlich als äußerst gelungen und streckenweise recht spektakulär bezeichnen. Das war es dann aber auch schon mit den wahren Highlights, denn ansonsten sind keinerlei Dinge zu erkennen, die das Werk noch irgendwie aufwerten könnten. Rein inhaltlich bekommt man noch nicht einmal ansatzweise den Anflug von neuen Ideen geboten, was Liebhabern des Originals wohl der größte Dorn im Auge sein dürfte. So kann und muss man dann sogar den direkten Vergleich herbei ziehen und in diesem reicht das Remake nun einmal nicht an De Palma's Verfilmung heran, die allein in atmosphärischer Hinsicht ganz klar die Nase vorn hat. Am schlimmsten ist allerdings die Tatsache, das sich im Prinzip überhaupt kein wirklicher Spannungsaufbau erkennen lässt, denn dieser wäre für Kenner der ersten Verfilmung nur zu erkennen, wenn man diverse neue Einflüsse in das Geschehen eingebaut hätte. In vorliegender Form jedoch sind selbstverständlich sämtliche Abläufe vollkommen vorhersehbar und man kann praktisch die Szenen in chronologischer Reihenfolge vorhersagen. Hier wäre der Weg eines Zack Snyder sicherlich der bessere gewesen, den der gute Mann bei seinem Remake zum Romero-Klassiker "Dawn of the Dead" eingeschlagen hat, nämlich lediglich gewisse Grundzüge des Originals beizubehalten und ansonsten die Geschichte mit neuen-und eigenen Ideen anzufüllen. Mit dieser Methode hätte "Carrie" sicherlich ein außergewöhnlich guter Film werden können, doch in vorliegender Form bleibt es lediglich bei einer gut gemachten-und recht sehenswerten 1:1 Kopie.

      Damit hier keine Missverständnisse aufkommen, das Werk von Kimberly Peirce ist alles andere als ein schlechter Film, doch aufgrund fehlender neuer Einflüsse bekommt man bis auf tolle Effekte rein gar nichts geboten, was man nicht aus der Original-Geschichte her kennt. Der jüngeren Generation mag das eventuell vollkommen egal sein, aber gerade mit der Vorkenntnis der 76er Version ergeben sich recht wenige wirkliche Schauwerte. Ob diese Neuauflage überhaupt notwendig gewesen wäre wage ich zu bezweifeln, denn dann hätte man schon eine echte Neu-Interpretation des Stoffes vornehmen sollen, anstatt dem Zuschauer ein Szenario zu servieren, das bis auf neue Schauspieler und zugegebenermaßen sehr gute Effekte nichts zu bieten hat, was sich von De Palma's Version unterscheidet. Und so wird dann auch "Carrie" wie auch so ziemlich jedes andere Remake die Meinungen spalten und die Fans in zwei Lager spalten. Ich persönlich fand den Film sehr unterhaltsam und gut in Szene gesetzt, hätte mir aber doch einige Änderungen gewünscht, die eine eigene Note hätten erkennen lassen. Diesen Aspekt hat Peirce aber vollkommen vernachlässigt, so das ihre Erzählung leider nicht über den Status eines gut gemachten Plagiats hinauskommt und keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.

      Fazit:

      Es birgt immer ein gewisses Risiko in sich, wenn ein Remake sich zu nah am Original orientiert, denn in diesen Fällen muss es sich ganz automatisch dem direkten Vergleich stellen. Und wie fast in allen Fällen kann auch "Carrie" nicht an seine Vorlage heranreichen, wobei es sich aber immer noch um einen durchaus sehenswerten Film handelt, den man sich ohne Bedenken anschauen kann.

      6,5/10