Only God Forgives

      Only God Forgives






      Only God Forgives
      (Only God Forgives)
      mit Ryan Gosling, Kristin Scott Thomas, Vithaya Pansringarm, Gordon Brown, Yayaying Rhatha Phongam, Tom Burke, Sahajak Boonthanakit, Pitchawat Petchayahon, Charlie Ruedpokanon, Kowit Wattanakul, Wannisa Peungpa
      Regie: Nicolas Winding Refn
      Drehbuch: Nicolas Winding Refn
      Kamera: Larry Smith
      Musik: Cliff Martinez
      FSK 16
      Frankreich / Schweden / Thailand / USA /2013

      Die ungleichen Brüder Julian (Ryan Gosling) und Billy (Tom Burke) leben in Bangkoks Rotlichtviertel inmitten von Luxus, Sex, Sünde und Verbrechen. Dreh- und Angelpunkt für ihre illegalen Geschäfte ist ihr Kickbox-Club. Der unbarmherzige Kopf des Familienkartells ist jedoch ihre unnahbare, schöne und erbarmungslose Mutter Crystal (Kristin Scott Thomas). Als Billy eine Frau tötet, sorgt ein selbsternannter Racheengel (Vithaya Pansringarm) auf seine ganz eigene Art für Gerechtigkeit und Billy bezahlt seine Tat mit dem Leben. Die trauernde Crystal sinnt auf Rache und schickt Julian auf eine blutige Jagd nach Vergeltung durch Bangkoks Unterwelt...


      Nachdem das Gespann Nicolas Winding Refn und Ryan Gosling schon mit "Drive" einen riesigen Erfolg feierte liegt nun mit "Only God Forgives" das nächste Werk vor, in dem Regisseur und Hauptdarsteller zusammen arbeiten. Aufgrund der ziemlich eindeutigen Inhaltsangabe könnte man nun einen recht klassischen Rache-Thriller erwarten, doch was Refn hier in Szene gesetzt hat, lässt lediglich das Thema Rache im Vordergrund erkennen, sondert sich aber ansonsten von den üblichen Genre-Vertretern ab. Dies geschieht dann sogar auf eine doch ziemlich drastische Art und Weise, denn das Szenario lässt schon nach wenigen Minuten erkennen, das die üblichen Strukturen des Rache-Thrillers hier nicht greifen. So bekommt man im Prinzip eine Geschichte präsentiert die mehr Fragen aufwirft als das sie diese beantworten würde. Zudem offenbart sich eigentlich noch nicht einmal eine wirkliche Handlung, wodurch das Geschehen an etlichen Stellen eher verwirrend erscheint, aber gerade aus diesem Aspekt seinen ganz besonderen Reiz bezieht. Anstatt dem Zuschauer nämlich eine strukturierte Handlung zu präsentieren, setzt Refn in seinem Film auf visuelle Stärken und untermalt seine Erzählung mit einem äußerst kräftigen Farbenspiel, das größtenteils schon eine hypnotische Faszination auf den Betrachter ausübt. Dadurch entsteht eine Art Sog, die einen ganz automatisch immer tiefer in die Ereignisse hinein zieht und phasenweise überkommt einen dabei das Gefühl, das man nur schwerlich zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann. Die zu großen Teilen recht wild aneinander gefügten Bildfolgen suggerieren nämlich den Eindruck surrealer Passagen und diverse Schauplätze des Ganzen lassen sogar einen leicht futuristischen Anstrich, so das die ganze Chose stellenweise schon an Werke von David Lynch erinnert.

      "Only God Forgives" ist ganz sicher ein Film, der sich jenseits jeglichen Mainstreams ansiedelt, zudem wird die hier gewählte Umsetzung des eigentlich klassischen Rache-Themas unter Garantie die Meinungen spalten. Manch einer wird wird dem Werk wahrscheinlich jegliche Klasse absprechen, wohingegen andere in der Geschichte Genialität erkennen werden. Auf jeden Fall aber handelt es sich hier um ein ästhetisch inszeniertes Kunstwerk, das in erster Linie durch die Kraft der gezeigten Bilder nachhaltig auf einen einwirkt und phasenweise mit einer unglaublichen Härte aufwartet, die auch visuell in etlichen Szenen zu erkennen ist. Ein weiteres hervorstechendes Merkmal sind sehr viele Einstellungen die vollkommen ohne Dialoge auskommen und so eine extrem beklemmende Grundstimmung auslösen, die man nur schwerlich in Worte fassen kann. Teilweise fühlt man sich vom vorherrschenden Schweigen regelrecht erschlagen und manche Stellen in der Geschichte erinnern dabei an einen zu erwartenden Showdown in einem Western, bei dem sich die Gegner schweigend gegenüber stehen. Dieser Punkt sorgt zwangsweise dafür das der Zuschauer im Prinzip durchgehend unter extremster Anspannung steht, erwartet man doch jederzeit, das im nächsten Moment die Entladung aufgestauter Wut und Aggressionen erfolgen kann. Refn sorgt so dafür das man seinen Blick nicht vom heimischen Bildschirm lösen kann, denn auch wenn es nicht immer sonderlich leicht fällt den Zusammenhängen zu folgen, möchte man keinesfalls auch nur eine Sekunde des hypnotischen Geschehens verpassen.

      Der Name Ryan Gosling mag hier bei vielen Leuten eventuell große Hoffnungen auf eine herausragende Performance aufkommen lassen, doch der Charakter des sehr schweigsamen Julian nimmt hier meiner Meinung nach eine eher untergeordnete Rolle ein. Im Vordergrund stehen viel mehr der als selbsternannter Racheengel auftretende Vithaya Pansringarm und die glänzend agierende Kristin Scott Thomas, die als eiskalte Mutter eine herausragende Performance abliefert. Vithaya Pansringarm kristallisiert sich im Laufe der Zeit immer mehr als eigentliche Hauptfigur heraus, wobei der von ihm dargestellte Charakter keine großartigen Erklärungen erfährt, sondern eher undurchsichtig und dadurch äußerst geheimnisvoll dargestellt wird. Insbesondere in der zweiten Filmhälfte konzentriert sich das Szenario dann auf eine immer weiter eskalierende Gewaltspirale, wobei die Kamera größtenteils voll drauf hält und einem so manche derbe Einstellung liefert, die für eine 16er Freigabe nicht unbedingt selbstverständlich sind. Dabei entwickelt sich immer mehr ein von Brutalität strotzender Ablauf der Ereignisse, in dem sich nicht die üblichen Gruppen von Gut und Böse zu erkennen geben. Hier liegt nämlich der wohl größte Unterschied zu den üblichen Genre-Kollegen, denn "Only God Forgives" zeigt dem Betrachter fast ausschließlich Figuren, die keinerlei Sympathiewerte beim Betrachter aufkommen lassen. Dadurch entfaltet die Geschichte dann auch ihre ganz eigene Dynamik und wirft auch gleichzeitig die Frage auf, ob ein Mörder einer 16-Jährigen Prostituierten es überhaupt verdient hat, das jemand seinen Tod rächen würde. Diesen Punkt kann man jedoch gleichzeitig auf sämtliche Abläufe anwenden, denn nicht ein einziger Charakter der Story hinterlässt den Eindruck, das man sich auf seine Seite schlagen müsste, vielmehr entpuppt sich die immer stärker ausufernde Gewalt-Orgie als logische Folge diverser Ereignisse, die sich in der kriminellen Unterwelt abspielen. Lediglich Ryan Gosling lässt an einigen Stellen so etwas wie ein Gewissen erkennen, was man in mehreren seiner Taten erkennen kann, dennoch ist dieser Punkt keinesfalls ausreichend, um seine Figur als guten menschen zu bezeichnen.

      Und so steht man zum Ende des Filmes vor dem Problem, das es gar nicht einmal so leicht fällt, das eben Gesehene auch richtig einzuordnen und zu bewerten. Manch einer wird das Werk sicherlich als visuell ästhetischen Schund abtun, wohingegen andere in "Only God Forgives" ein wahres Meisterwerk sehen werden. Wie dem aber auch sei, auf jeden Fall präsentiert sich hier der wohl außergewöhnlichste Film des Jahres, dem man eine gewisse Genialität kaum absprechen kann. Die teils surreal erscheinende Geschichte strahlt eine unglaubliche Faszination aus und es fällt extrem schwer, sich dieser auf irgendeine Art zu entziehen. Für mich persönlich stellt der Film ein kleines Meisterwerk dar, das einen durch seine hypnotische Wirkung in den Sog brutaler Ereignisse zieht, die im Prinzip keine wirkliche Handlung erkennen lassen, aber genau aus diesem Aspekt ihre ganze Kraft beziehen. Rache-und Sühne offenbaren sich als zentrale Thematik in einem vollkommen anderen Gewand, als wie man sie ansonsten offeriert bekommt und erlangen durch die unglaubliche Bildgewalt ein Höchstmaß an Intensität. Für Freunde klar strukturierter Geschichten dürfte der neu Film von Nicolas Winding Refn sicherlich keine gute Adresse sein, doch wer seine Freude an außergewöhnlich umgesetzten Geschichten hat, der kann bei "Only God Forgives" getrost darauf vertrauen, das er mit einem herausragenden Szenario belohnt wird.


      Fazit:


      "Only God Forgives" wirft die ansonsten üblichen Strukturen eines Rache-Thrillers gänzlich über Bord und geht vielmehr den Weg eines surreal erscheinenden Bilderrausches, der den Zuschauer in seinen hypnotischen Bann zieht. Hier gibt es nicht das gewohnte Gut gegen Böse, denn sämtliche Charaktere bewegen sich viel eher in einer Grauzone, wobei sich zu keiner Zeit wirkliche Sympathieträger erkennen lassen. Die teils verwirrend erzählte Geschichte mag nicht jedermanns Sache sein, hält einen jedoch bis zur letzten Einstellung bei Atem und hinterlässt dabei einen äußerst beklemmenden Eindruck.


      10/10