Sennentuntschi

      Sennentuntschi






      Sennentuntschi
      (Sennentuntschi)
      mit Roxane Mesquida, Nicholas Ofczarek, Andrea Zogg, Carlos Leal, Joel Basman, Hanspeter Müller, Rebecca Indermaur, Ueli Jäggi, Peter Jecklin, Daniel Rohr, Paula Marija, Alice Blaser, Herbert Leiser, Luciano Simioni
      Regie: Michael Steiner
      Drehbuch: Stephanie Japp / Michael Sauter / Michael Steiner
      Kamera: Pascal Walder
      Musik: Adrian Frutiger
      FSK 16
      Frankreich / Schweiz / Österreich ( 2010

      Die Schweizer Alpen 1975 - in einem abgelegenen kleinen Bergdorf wird eines Tages eine verwahrloste junge Frau aufgegriffen. Die Dorfpolizei tappt bei der Ermittlung ihrer Identität jedoch im Dunkeln. Allmählich verdichten sich jedoch die Hinweise, dass die Frau von der Höhenalp zu kommen scheint. Dort, so sagt ein Gerücht, kennen Hirten und Sennen sehr merkwürdige Rituale gegen die Einsamkeit. Schon bald überrollt eine Lawine aus Lust, Wahnsinn, Dämonenglauben und Mord die scheinbare Idylle. Und es kommt eine Wahrheit ans Licht, die besser für immer im Dunkeln geblieben wäre...


      Was soll man im ersten Moment von einem Schweizer Film erwarten, der den urigen Namen "Sennentuntschi" trägt? Nicht viel könnte man meinen, doch mit dieser Einschätzung würde man vollkommen daneben liegen, erwartet den Zuschauer doch ein äußerst ambitionierter-und hervorragend umgesetzter Mix aus Horror-und Mystery, der unter der Regie von Michael Steiner entstanden ist. Es ist die filmische Umsetzung einer seit Generationen überlieferter Legende um eine Sagenfigur, was im ersten Moment vielleicht noch nicht die ganz große Begeisterung beim Betrachter auslöst, doch was Steiner hier in Szene gesetzt hat, ist insbesondere in atmosphärischer Hinsicht als ein echtes Brett zu bezeichnen. Der Film besteht aus einer Rahmenhandlung die sich in der Gegenwart ansiedelt, aber dennoch nicht mehr als nötiges Beiwerk für den eigentlichen Story-Plot ist, der sich im Jahr 1975 ansiedelt und die Geschehnisse in einem kleinen Bergdorf beleuchtet. Dabei wird man von Beginn an mit einer extrem dichten Grundstimmung bedient, die einen in die nötige Stimmung für diesen außergewöhnlich gut gelungenen Genre-Mix versetzt und der in der Folgezeit immer mehr von mysteriösen Einlagen zehrt, die dem Ganzen eine ganz exquisite Note verleihen. Der Schauplatz in den Schweizer Alpen ist ein ganz großer Pluspunkt des Szenarios, denn ist man auf der einen Seite von den wunderbaren Landschaftsaufnahmen regelrecht begeistert, so wirken die Locations auch streckenweise äußerst furchteinflössend und jagen einem so manchen kalten Schauer über den Rücken.

      Ganz generell entfaltet die Geschichte eine ganz eigene Atmosphäre, was sicherlich zum größten Teil der Tatsache geschuldet ist, das man über die wahren Zusammenhänge der Ereignisse eine lange Zeit im Dunkeln gelassen wird. So kann man auch die im Dorf aufgetauchte junge Frau ziemlich schwer einordnen und erfährt erst im Laufe der Zeit, was es denn nun wirklich mit ihr auf sich hat. Bis dahin jedoch versteht es Steiner absolut brillant, das der Zuschauer immer wieder auf falsche Fährten gelockt wird und sich nie wirklich darüber im Klaren sein kann, ob die eigenen Vermutungen über die Zusammenhänge am Ende auch wirklich zutreffen. Hinzu kommt auch der Aspekt, das sich das Geschehen auf verschiedenen Zeitebenen abspielt, was dem Szenario noch einmal zusätzliche Würze verleiht, da streckenweise einige Passagen auftreten, die im ersten Moment für einige Verwirrung sorgen können. Wenn sich dann aber zum Ende hin sämtliche Puzzle-Teilchen zusammenfügen muss man neidlos anerkennen, das man es hier mit einer absolut herausragenden Produktion zu tun hat, die einem Filmkost auf einem unglaublich hohen Niveau serviert. Dazu tragen auch die Darsteller bei, denn bis in die kleinsten Nebenrollen ist das Werk absolut perfekt besetzt und sämtliche Protagonisten warten dabei mit herausragendem Schauspiel auf, was die ganze Chose dann noch einmal zusätzlich aufwertet und umso sehenswerter erscheinen lässt.

      "Sennentuntschi" ist ein Film in dem sich nach und nach ein so straff gezogener Spannungsbogen erkennen lässt, das man es als Zuschauer kaum vor dem heimischen TV aushalten kann. Die Vermischung aus Horror, Mystery und Anleihen aus der Dämonologie ergeben hierbei ein Gesamtpaket, das man kaum besser hätte bewerkstelligen können. Natürlich spielt in einem solchen Film auch wieder einmal die Kirche eine nicht unwesentliche Rolle, was insbesondere im Verhalten der religiösen-und abergläubischen Dorfbewohner zum Tragen kommt, die sich nur zu gern von ihrem fanatisch erscheinenden Pfarrer aufhetzen lassen. Das der gute Mann auch eine Menge stichhaltige Gründe für seine Hetz-Tiraden und Mordversuche gegen die junge Frau hat, wird einem erst im späteren Verlauf bewusst, weswegen an dieser Stelle auch nicht näher darauf eingegangen wird. Lediglich der Dorfpolizist schlägt sich auf die Seite der verstört wirkenden Frau und macht sich selbst damit zu einem Geächteten innerhalb der eigenen Gemeinde.

      Ist der Film von Haus aus schon mit etlichen Höhepunkten ausgestattet, so war für mich persönlich das Ende die absolute Krönung, präsentiert sich einem doch ein dramatisch anmutender Showdown, der mit einem ordentlichen Schuss Tragik versehen ist. Und so wird man dann auch mit einem zwiespältigen Gefühl aus dieser im wahrsten Sinne des Wortes fantastischen Geschichte entlassen, steht man doch auf der einen Seite noch ziemlich lange Zeit unter dem grandiosen Eindruck des eben Gesehenen, hätte sich aber andererseits zumindest für eine mitwirkende Person ein besseres Finale gewünscht. Dennoch ist es aber das einzig passende Ende unter eine Story, die einen von der ersten bis zur letzten Minuten wahrlich in ihren Bann zieht und dabei eine solche Intensität freisetzt, das man phasenweise schweißgebadet ist. Die mysteriöse Faszination des Geschehens nimmt einen richtig in Beschlag und man merkt dabei gar nicht bewusst, wie tief man doch in die Ereignisse eintaucht. Erst nachdem der Film zu Ende ist bekommt man so richtig mit, wie sehr man streckenweise ein Teil der Geschehnisse geworden ist und das ist meiner Meinung nach das größte Kompliment, das man einem Film überhaupt machen kann. Wer also ein wirklich intensives-und hochklassiges Filmerlebnis haben möchte, in dem Missbrauch, Aberglaube, Kirche und Dämonologie einen thematischen Bezug haben, der ist beim "Sennentuntschi" bestens aufgehoben und wird eine Sichtung ganz bestimmt nicht bereuen.


      Fazit:


      Wow, da geht man ohne jegliche Erwartungen an einen Film mit einem kurios klingenden Titel heran und wird letztendlich mit einer Geschichte belohnt, die einem gut 110 Minuten erstklassige Filmkost und eine gepflegte Gänsehaut beschert. "Sennentuntschi" ist ein absoluter Geheimtipp und man sollte sich keinesfalls vom Namen des Filmes irreführen lassen. Selten habe ich in der letzten Zeit einen solch gelungenen Genre-Beitrag gesehen, der auch ganz ohne explizite Gewaltdarstellungen eine Intensität freisetzt, die einem wirklich zu schaffen macht.


      9/10