Blut an den Lippen

      Blut an den Lippen






      Blut an den Lippen
      (Les Levres rouges)
      mit Delphine Seyrig, John Karlen, Danielle Ouimet, Andrea Rau, Paul Esser, Georges Jamin, Joris Collet, Fons Rademakers
      Regie: Harry Kümel
      Drehbuch: Pierre Drouot / Harry Kümel
      Kamera: Eduard van der Enden
      Musik: François de Roubaix
      FSK 16
      Frankreich / Belgien / Deutschland / 1971

      Stephan und Valerie sind auf der Hochzeitsreise. Da sie ihr Schiff verpassen, übernachten sie in einem einsamen Hotel in Ostende. Dort machen sie die schicksalhafte Bekanntschaft mit einem merkwürdigen, exzentrischen Pärchen: Die ungarische Gräfin Bathory und ihre devote Begleiterin Ilona Harczy. Stephan fällt der bezaubernden Ilona zum Opfer, ohne zu wissen, das sie ein Vampir ist. Unterdessen kümmert sich die Gräfin um die schöne Valerie, um sie auf Ilonas Nachfolge vorzubereiten. Als Stephan die Situation erkennt, ist es für beide zu spät...


      Mit "Blut an den Lippen" hat das Label Bildstörung einmal mehr einen absoluten Volltreffer gelandet, offenbart sich doch einer der wohl außergewöhnlichsten Beiträge des Vampirfilms, bei dem es sich zudem auch noch um eine europäische Produktion handelt. Außergewöhnlich gestaltet sich die hier erzählte Geschichte allein durch die Tatsache, das Regisseur Harry Kümel eigentlich auf sämtliche ansonsten übliche Klischees verzichtet hat, die Filme dieser Art ansonsten beinhalten. Keine Kruzifixe, Knoblauch oder sonstige üblichen Dinge sind hier zu sehen, stattdessen präsentiert sich eine extrem gelungene Mischung aus Drama, Horror-und Erotik, die insbesondere durch ihre brillante Optik zu überzeugen weiß. Diese ist anscheinend vollkommen bewusst äußerst kühl gehalten, was insbesondere in den Passagen zu erkennen ist, die sich in dem fast leerstehenden Luxus-Hotel abspielen. Dadurch erhält das Ganze einen unglaublich nüchternen, um nicht zu sagen sterilen Anstrich, was ganz augenscheinlich hauptsächlich für eine extrem beklemmende Atmosphäre sorgt, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film zieht und wie ein bleierner Mantel auf den Schultern des Zuschauers liegt.

      Im Fokus der Ereignisse stehen in der Hauptsache die beiden frisch vermählten Stephan und Valerie, die sich im Prinzip noch gar nicht richtig kenne und ziemlich überhastet geheiratet haben. Während Valerie eine lebenslustige junge Frau zu sein scheint, brechen bei ihrem Gatten doch äußerst schnell Aggressionen durch, die sich auch im Liebesspiel der beiden Eheleute niederschlägt. Zudem lässt Stephan auch ein seltsames Interesse an den Frauenmorden erkennen, die innerhalb kürzester Zeit in der belgischen Stadt Brügge stattfinden und auf die man sich keinen Reim machen kann. Als dann noch die ungarische Gräfin Bathory mit ihrer angeblichen Sekretärin Ilona im Hotel einzieht, entwickelt sich eine ganz eigenartige Beziehung zwischen den vier Hauptfiguren. Lediglich Valerie spürt von Anfang an, das etwas sehr Unheimliches von den beiden Frauen ausgeht, während Stephan sich ohne es eigentlich zu bemerken, äußerst schnell im Bann der zwei Frauen befindet. Würde man die Inhaltsangabe des Filmes nicht kennen wüsste man im Prinzip gar nicht, das es sich hier um weibliche Vampire handelt, Harry Kümel hat es nämlich erstklassig verstanden, die eigentliche Thematik seiner Geschichte eher hintergründig darzustellen.

      Es mag sich eventuell etwas komisch anhören, doch gerade aus diesem Aspekt bezieht das Werk seine eigentliche Stärke, fokussiert sich das Ganze doch hauptsächlich auf die Beziehung zwischen den ungleichen Paaren und spielt dabei mit sexuellen Andeutungen, die streckenweise auch unglaublich gut ins Bild gesetzt wurden. Es ist eben diese einzigartige Mischung, die "Blut an den Lippen" etwas sehr Außergewöhnliches verleiht. Hinzu kommt die schon erwähnte Optik, die trotz der von ihr ausgehenden Kälte unglaublich ästhetische Züge erkennen lässt. Es sollte also jedem klar sein, das man hier keinen Vampir-Beitrag im üblichen Sinne zu sehen bekommt, denn diese europäische Produktion hat im Prinzip überhaupt nichts mit dem modernen Vampirfilm und auch so gut wie nichts mit dem klassischen Stoff gemeinsam. Vielmehr entpuppt sich eine auf sehr angenehme Art abweichende Story, die aber dennoch auf jeden Fall dem Sub-Genre zuzuordnen ist. Neben den schon aufgezählten Stärken sollte man auch noch das hervorragende Schauspiel der Akteure nicht unerwähnt lassen, denn sämtliche Darsteller geben eine gelungene Kostprobe ihres Könnens zum Besten.

      Insgesamt gesehen kann man hier von einem mehr als gelungenen Beitrag sprechen, der für manch einen Fan des Genres sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen dürfte. Denn das Abweichen von sämtlichen ansonsten gebotenen Zutaten mag für viele Leute zu ungewohnt erscheinen, doch insbesondere in diesem Aspekt offenbart sich die ganz große Stärke eines Filmes, der stilistisch gesehen in die absolute Oberliga einzuordnen ist. Großartige Action oder blutrünstige Passagen darf man hier nicht erwarten, aber das hätte den herausragenden Gesamteindruck auch eher zerstört, als das es dem Szenario gut zu Gesicht gestanden hätte. Und so kann man einmal mehr von einer grandiosen Veröffentlichung von Bildstörung sprechen, denn auch wenn es den Film schon vorher auf DVD gab, ist diese Neuerscheinung einmal mehr mit etlichem Bonus-Marterial versehen, so das sich eine Anschaffung auf jeden Fall lohnt.


      Fazit:


      "Blut an den Lippen" ist außergewöhnlich und weicht von den üblichen Genre-Beiträgen vollkommen ab. Vielleicht ist das nicht jedermanns Sache, doch wenn man sich auf die erzählte Geschichte einlassen kann, wird man mit einem hervorragenden Film belohnt, der in allen Belangen absolut überzeugen kann.


      8/10
      Bei Blut an den Lippen handelt es sich meiner Meinung nach eher um eine schwächere Lady Batthory Verfilmung, die aber dennoch funktioniert. Besonders hervorzuheben ist die typische 70er Jahre Atmosphäre, die natürlich nicht jedem gefällt. Und das ist auch gut so. Blut an den Lippen ist Genrekino und kein Film für die Masse. Action und Gore sucht man vergebens, nein, vielmehr wurde hierbei Wert auf die Atmosphäre gelegt. Ich gebe dem Film:

      7/10 Punkte
      Verlorenes Glück,betrogene Treue,es gibt soviel,das ich bereue!!!

      Ich bin anscheinend nicht frei von Gefühlen,aber sie liegen alle zusammen in einer einzigen Scheisse!!!(A Hole in my Heart)