Abschaum - Höllenloch der Gewalt!

      Abschaum - Höllenloch der Gewalt!



      Originaltitel: Scum
      Produktionsland: Großbritannien
      Erscheinungsjahr: 1979
      Regie: Alan Clarke
      Länge: ca. 92 Minuten
      Freigabe: FSK Keine Jugendfreigabe
      Darsteller: Ray Winstone, Mick Ford, Martin Philips, John Blundell, Phil Daniels, Tony London, Ray Burdis, Patrick Murray, Trevor Butler, Ian Sharrock, Davidson Knight, Peter Francis


      Inhalt:
      In einer englischen Erziehungsanstalt führen sadistische „Erzieher" ein gnadenloses Regiment. Doch nicht nur die Aufseher verlangen Unterwerfung. Auch unter den Zöglingen herrschen Hass, Demütigung und Mißhandlung. Das aggressive Klima entzündet sich in einer Revolte!



      Meinung:

      Die Ferien einer alten Besserungsanstalt sind vorbei, nun wird uns ein richtiges Erziehungsheim mit einem Haufen Lausebengels angeboten, wo es radikal zur Sache geht. Es gibt Auseinandersetzungen der Jungs untereinander und mit den Erziehern, wo der böseste Bub diesen Laden kontrolliert und die Milchbubis von den Stärkeren schikaniert werden.
      Die Dialoge werden hart, intelligent und ironisch geführt. Unter den Jungs wird es einen bösen „Daddy“ geben, der über die anderen das Sagen hat. Nebenher wird es auch Auseinandersetzungen zwischen Schwarz- und Weißhäutige geben, was aber nur Randerscheinung bleiben wird und nicht wie so häufig in diesem Genre ganz ausgeschlachtet wird.

      Wer in einem Knastfilm viel Action und Kampfszenen sehen möchte, ist hier gewiss an der falschen Adresse und sollte sich lieber die Big Budget Filme aus Groß-Hollywood reinziehen. Hingegen liefert „Abschaum“ viel psychische Härte. Es gibt eine Vergewaltigungsszene unter den Jungs zu sehen, was seine abartige Wirkung auf den Zuseher nicht verfehlen wird. Als optische Gewalt wird es ins Gesicht der Jungs ein paar Schläge geben, wo große blaue Flecke erzeugt werden und vor allem an Blut wird es gewiss nicht mangeln, zumeist durch Selbstmord mit der Rasierklinge ausgelöst. Nein, es wird für solch einen Genre-Film doch erstaunlich oft mit Blut gesuppt.

      Die Darsteller spielen durchweg sehr natürlich, insbesondere überzeugend „Archer“ Mick Ford. Einen jungen Ray Winstone gilt es hier ebenfalls sehr überzeugend in der Rolle des „Daddy“ zu erleben. Gerade das rebellierende Finale ist einfach nur großartig geworden, wo sich die aufgestaute Wut der Jungs voll entladen wird und der Schlusspunkt ist dann bitter Böse.

      „Abschaum“ ist sogar einer der besten, wohl sogar der beste Knastfilme den ich gesehen habe, natürlich abseits des Mainstream.

      „Füße auf die Matte, Beine breit, Gesicht zum Superior.“

      9/10

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      Obwohl dieser schockierende Film damals von der BBC selbst in Auftrag gegeben wurde, wurde das Werk von Regisseur Alan Clarke jahrelang verboten, wofür sicherlich die schonungslose Darstellung über unmenschliche Zustände in britischen Besserungsanstalten verantwortlich war. "Scum", wie der Film im Original heisst, zeigt nämlich äusserst kompromisslos die Misstände auf, die zur damaligen Zeit vorgeherrscht haben. Dabei hält sich Clarke mit visuell in Szene gesetzter Härte noch einigermaßen zurück, es ist vielmehr der Gesamteindruck der hier erzählten Geschichte, der den Zuschauer auch noch heute, nach mittlerweile über 20 Jahren mit der Wucht eines Keulenschlages mitten in die Eingeweide trifft. Zwar gibt es auch einige Härten in Form von diversen Schlägereien zu sehen, doch machen diese lediglich einen kleineren Teil der Intensität und Brutalität aus, die von diesem Film ausgeht.

      Der Haupteil der Härte entsteht vielmehr durch die Handlungsweisen der sogenannten "Erzieher", die diese Bezeichnung nun wirklich nicht verdienen. Die Art und Weise, wie den jugendlichen Straftätern hier Disziplin beigebracht werden soll spottet jeder Beschreibung und ist absolut menschenunwürdig-und verachtend. Man versucht die Jungen zu demütigen und ihren Willen zu brechen, was bei einigen auch durchaus gelingt. Schwächen oder Emotionen dürfen nicht gezeigt werden, da sie ansonsten von Mithäftlingen, aber auch vom Aufsichtspersonal schonungslos ausgenutzt werden. Zu keiner Zeit entsteht hier auch nur ansatzweise der Eindruck, das bessere Menschen aus den Jugendlichen gemacht werden sollen, sämtliche "Erziehungsmethoden" dienen nur dazu, Menschen auch die letzte Würde zu nehmen. Unverhohlener Rassismus, der insbesondere vom Personal ausgeht ist nur eines der untrüglchen Zeichen dafür, das keinerlei echter Erziehungsgedanke hinter den Methoden steckt, eher entsteht der Eindruck, das einige besonders kranke Sadisten wahre Freude daran haben, die ihnen gegebene Machtposition schamlos auszunutzen.

      Denn nicht anders ist es zu erklären, das selbst Vergewaltigungen nicht geahndet werden, wie es auch visuell eindrucksvoll und schockierend von Clarke in Szene gesetzt wurde. Auch die fast schon zwangsläufig logische Folge dessen, nämlich der Selbstmord des Vergewaltigungsopfer wird als normaler Unfall hingestellt, der in solchen Einrichtungen nun einmal passieren kann. Diese ganzen Geschehnisse entfalten ein solch hohes Maß an Brutalität im Kopf des Betrachters, das man teilweise schon in einen regelrechten Schockzustand verfallen kann, denn die gezeigten Ereignisse wirken so beklemmend, das sie einem die Kehle zuschnüren. Diese intensive Wirkung ist insbesondere auch den erstklassigen Darstellern zu verdanken, die allesamt einen fantastischen Job abliefern. Vollkommen egal, ob es sich dabei um die Insassen oder die Aufseher handelt, man bekommt extrem authentisches und glaubwürdiges Schauspiel geboten, so das einen eigentlich gar nicht das Gefühl überkommt, das es sich hier um einen Spielfilm handelt. Stattdessen entsteht viel eher der Eindruck, das man sich in einem schockierenden Tatsachenbericht befindet, der trotz aller Realität ein Gefühl der fassungslosigkeit vermittelt, da man sich gar nicht erst vorstellen möchte, das solche Geschehnisse wirklich passieren können.

      Schlußendlich ist Alan Clarke hier ein wirklich schonungsloser Film gelungen und man kann schon irgendwie nachvollziehen, das dieses Werk zur damaligen Zeit verboten wurde, denn wer möchte schon unbedingt mit solch gewaltigen Misständen konfrontiert werden, die das eigene Rechtssystem hervorbringt. Auch nach mittlerweile 21 Jahren hat "Abschaum" überhaupt nichts von seiner Faszination und seiner schockierenden Wirkung verloren, auch wenn es in der heutigen Zeit sicherlich einige ähnlich gelagerte Filme gibt, die rein visuell über einen höheren Härtegrad verfügen. Doch hier zählt ganz eindeutig das vorliegende Gesamtpaket und das ist phasenweise so richtig grausam. Obwohl man ganz genau weiss, das die dargestellten Ereignisse der Realität entsprechen fällt es immer wieder schwer sich vorzustellen, zu welchen Grausamkeiten manche Menschen in der Lage sind und diese unter dem Deckmantel der Erziehung verstecken, die damit rein gar nichts zu tun hat.


      Fazit:


      Bei "Abschaum" bekommt es der Zuschauer mit einem Film zu tun, der extrem unter die Haut geht und einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Unter dem Deckmantel des angeblichen Erziehungsgedanken werden jugendliche Straftäter gedemütigt und gequält, man versucht ganz einfach ihre Seele und ihren inneren Wiederstand zu brechen, um sie irgendwann als angeblich bessere Menschen wieder in die Gesellschaft zu integieren. Dabei wird kein Mittel ausgelassen, denn jede Schikane und Demütigung wird gebraucht, um die Jungen gefügig zu machen. Selbstmorde, die aus der puren Verzweiflung begangen werden sind sogenannte Unfälle, die immer mal wieder passieren können. Trotz all dieser offensichtlichen Fehler im System wird letztendlich ein Erziehungssystem verteidigt, das so eklatante Misstände aufweist, das sie einen schon fast anspringen. Wer diesen Film noch nicht gesehen hat, sollte diesen Zustand unbedingt ändern, sich aber gleichzeitig darüber bewust sein, das er es mit einem Werk zu tun bekommt, das keinesfalls spurlos an einem vorbeigeht und einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.


      8,5/10