Laura Reese - Brennende Fesseln

      Laura Reese - Brennende Fesseln

      Autor: Laura Reese
      Titel: Brennende Fesseln (1996)
      Originaltitel: Toping from Below
      Verlag: Goldmann
      Seiten: 476



      Noras Schwester Franny wird ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Nora, die feststellen muss, wie wenig sie über das Leben ihrer Schwester weiß, begibt sich auf die Suche nach dem Mörder. Sie meint, ihn in Frannys Liebhaber Michael gefunden zu haben. Michael hat eine Vorliebe für Sadomasochismus und scheint ihn an Franny gegen ihren Willen ausgelebt zu haben.Um Michael überführen zu können, taucht Nora in seine Welt ein, lässt sich von ihm verführen, bis sie selbst die Kontrolle verliert.



      Was erwartet man von einem Thriller, der von Sadomasochismus handelt? Für gewöhnlich nicht viel - harten Sex, Schmerzen und Erniedrigung. Mit diesen Erwartungen bin ich zumindest an "Brennende Fesseln" heran gegangen. Umso erstaunter war ich, als ich heraus fand, wie vielschichtig Laura Reese's Erzählstrang ist.

      Es geht ihr in erster Linie nicht um die entarteten Sexualpraktiken, auch wenn sie diese leidenschaftlich zelebriert. Es geht ihr viel mehr darum darzustellen, wie sich eine Frau, die fest im Leben steht, zu einer unterwürfigen Sklavin verwandelt. Nora lässt sich freiwillig auf Michaels Welt ein, doch glaubt sie immer die Kontrolle zu behalten und jederzeit aufhören zu können. Umso erschreckender wird es für sie selbst, als sie feststellt, dass die Schmerzen und die Erniedrigung eine bisher ungeahnte Leidenschaft in ihr wecken. Ihr Verstand wehrt sich gegen Michaels Behandlung, doch egal wie schmerzhaft seine Bestrafungen auch sein mögen - sie erregen Nora und ihr Körper verlangt nach mehr. Immer tiefer sinkt Nora in seinen Einfluss, trennt sich dabei unbemerkt von ihrem alten Leben und allen Kontakten, die sie hat.

      Doch noch ein zweiter Erzählstrang zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch - Noras Verhältnis zu Franny und zu sich selbst. Nora hat sich jahrelang nicht für Franny interessiert, sie als kleine Schwester ohne Bedürfnisse und Gefühle abgetan. Erst nach ihrem Tod wird ihr bewusst, wie wenig sie über ihre Persönlichkeit und ihr Leben weiß. Mit Michaels Hilfe lernt sie ihre Schwester langsam kennen und ist erstaunt, was sie über sie erfährt.

      Doch Nora beginnt nicht nur, sich mit ihrer Schwester auseinander zu setzen, sondern auch mit der eigenen Geschichte. Und dabei offenbart sie Michael Details aus ihrer Kindheit, die sie schon längst verdrängt hatte, die sie aber nach wie vor quälen.

      Alles in Allem muss man sagen, dass Laura Reese ein spannendes Buch über die Entdeckung der eigenen dunklen Seite geschaffen hat, das beweist, dass man immer wieder von sich selbst überrascht werden kann, wenn man es nur zu lässt. Außerdem ermahnt sie - ganz ohne erhobenem Zeigefinger - sich um die seinen zu kümmern, solange man noch die Gelegenheit dazu hat.

      Ich werde mir auf alle Fälle Reeses zweites Buch "Außer Atem" auch noch kaufen, das ebenfalls in die Richtung Sadomasochismus geht. Ihr Stil hat mir gut gefallen und ich kann das Buch nur empfehlen.


      Mein Fazit: 9 von 10 Punkten