George Orwell - 1984

      George Orwell - 1984

      Big Brother is watching YOU

      Kaum ein anderer Slogan dürfte in den letzten 50 Jahren öfters kopiert & angewendet worden sein für die verschiedensten Arten von Kunst, Werbung, Angriffe und sarkastischen Karikaturen. Ob Orwell seinen Roman genauso verfasst hätte, wie ers tat, wenn er gewusst hätte, was sein Werk für einen Bekanntheitsgrad erlangt? Ich glaube nicht. Ich bin sogar überzeugt davon! Warum?
      Im Klappentext ist folgendes Zitat von Arthur Kostler aus dem Jahre 1950 zu lesen: "George Orwell (war) das einzige Genie unter den revolutionär angehauchten Literaten Englands".
      Und wahrhaftig: was Orwell hier 1948 verfasste, ist eine erschreckende Zukunftsvision, welche zu damaligen Zeiten kurz nach dem zweiten Weltkrieg sicherlich für gruseligen Schauer unter den Lesern sorgte; umso erschreckender ist 1984 aus heutiger Sicht: sicherlich sind Orwells düstere Zukunftsvisionen einer sterilen, totalitären Herrschaft über ein bewusst dummgehaltenes & emotionsloses Volk überspitzt - doch der Trend, welchen er lyrisch prophezeite, ist für jedermann leicht zu bestätigen.
      Schon allein bei den Worten "bewusst dummgehalten" und "emotionslos" fallen einem u.a. die verrutschten Werte der Gesellschaft ein sowie das immer stumpfer werdende TV-Programm. Die krasse Propaganda aus 1984 hat bei uns zum Glück schon vor Jahrzehnten ein Ende gefunden, ist aber in manchen Ländern noch immer aktuell.

      Das Buch handelt vom Antihelden Winston Smith, welcher langsam aus seinem gewohnten grauen Trott hervorbricht und die totalitäre Herrschaft des Großen Bruders und dessen Partei in Frage stellt. Hat die Partei tatsächlich immer recht? Ist Immanuel Goldstein tatsächlich der Volksfeind #1 und Landesverräter, als der er abgestempelt und gejagt wird und wenn ja, warum ist das so? War das Leben für das Volk vor Beginn der Herrschaft besser oder wirklich so armselig, wie die Partei es lehrt?
      Smith arbeitet in der Registraturabteilung und ist zuständig für Richtigstellungen alter Zeitungsberichte. Das bedeutet: ausmerzen alter Aussagen der Partei, welche sich im Nachhinein als Irrtum herausgestellt haben. Einmal allerdings kommt ihm ein hieb- & stichfester Beweis unter die Hände, das die Partei und ihr "oligarchisches" System ein Kartenhaus ist, welches auf Lügen & Fälschungen aufgebaut ist. Als er sich dann noch mit der jungen hübschen Julia auf eine Beziehung einlässt, bestätigt sich sein Verdacht, daß er nicht der einzige Denker in diesem sterilen System ist - auch andere hintergehen die Regeln und Doktrinen. Allerdings hat Julia eine ganz eigene Auffassung von Rebellion.
      Deshalb setzt Winston alles daran, Kontakt zu einer mysteriösen Figur namens O'Brien herzustellen; ein hohes Mitglied der Inneren Partei und laut Winstons Überzeugung ein Mitglied der geheimnisvollen "Brüderschaft", einer Organisation, welche das System unterlaufen und stürzen will. Als ihm das endlich gelingt, ändert sich sein Leben auf eine Weise, die er sich nie hätte träumen lassen...

      Bei der Lektüre von 1984 musste ich unweigerlich immer an den Film Equilibrium denken - dies scheint mir eine gelungene Verfilmung des Romans zu sein, obwohl es meines Wissens nach nicht offiziell als eine solche veröffentlicht wurde, aber die Ähnlichkeiten zueinander sind markant.
      Orwell hat mit seiner Utopie hellseherischen Weitblick bewiesen: man könnte die Welt heute grob genauso aufteilen, wie er es vor 60 Jahren tat; Erfindungen & Entwicklungen sind beachtlich ähnlich eingetreten; mehr oder weniger geheime Kontrollen und Verrohung der Gesellschaft wachsen stetig an. Obgleich seines Alters ist das Buch aktuell und dabei spannend, an manchen Stellen unerwartet grausam und deprimierend ob der Aussichtslosigkeit, in der sich unser Antiheld befindet.

      Ich kann nur jedem wärmstens ans Herz legen, 1984 einmal zu lesen.