Kontroll

      KONTROLL
      (Kontroll)
      Ungarn 2003
      Regie: Nimrod Antal
      LZ: 105 Minuten
      Freigabe: FSK 16

      REVIEW:
      Aus Ungarn kommt dieser wilde Cannes – prämierte Genremix eines jungen Regisseurs und das alles ist hochoriginell.
      Denn mit KONTROLL dreht Nimrod Antal vielen Filmkonventionen eine lange Nase und verlegt den Plot von der Erdoberfläche komplett in eine andere, ganz eigene Welt. Nämlich die der Budapester Metro.

      Und das Leben im Untergrund ist nicht nur seltsam, sondern verdammt hart.
      Hier tummeln sich die seltsamsten Gestalten neben den üblichen Pendlern und Passanten. Da sind geistig verwirrte Typen, süße Mädchen in Bärchenkostümen, Hooligans, Nutten und irgendein kranker Kapuzenmann, der Leute vom Bahnsteig vor die einfahrenden Züge stößt.

      Im Rampenlicht steht dabei aber nicht die handelsübliche Polizei, sondern ein anderer Berufszweig, der in der Öffentlichkeit etwa so angesehen wie ein Furunkel vorne auf´m Spitz ist. Die Rede ist von Fahrkartenkontrolleuren.


      Und deren Alltag wird hier so genau beleuchtet, dass der Serienkiller fast völlig in den Hintergrund tritt und seine Taten sich quasi auf dem „Nebengleis“ abspielen. Stört aber nicht weiter, denn die Arbeit eines Fahrkartenkontrolleurs ist – um einen alten Werbeslogan der Baden – Württembergische Landespolizei zu zitieren – „so interessant wie das Leben.“
      Da geht es authentisch zu – bei allem gebotenen Wahnwitz. Und spannend. Und knochenhart mit den pöbelnden, zynischen Fahrgästen, Schwarzfahrern, Sprayern und Kotzbrocken. Es liegt immer etwas von dem in der Luft, was man in Western immer um 12 Uhr mittags riechen kann. Soll heißen, Ärger, Handgreiflichkeiten und dumme Anmachen sind stets latent.

      Die Existenz eines Kontrolleurs ist ein ständiges Drama mit vielen Facetten. Und das präsentiert uns dieses ungarische Supertalent auf dem Regiestuhl so grandios, dass man selbst die abgedrehtesten Momente als absolut lebensnah akzeptiert. Oder sollte diese Komödie, dieser Horror, diese Action, diese Tragikomik am Ende dem tatsächlichen Alltag eines Fahrkartenkontrolleurs auf dem heißesten Pflaster seines Berufsstands – sprich der Metro - entsprechen?

      Wenn dem so ist kann ich nur resümieren: Bullenfilme gibt es schon. Aber warum zum Teufel sind da nicht mehr Kontrolliziescos?

      8,5 / 10
      Lesbos - Land of hot and languorous nights

      Re: Kontroll

      Tolles Review für eine außergewöhnliche Filmperle! Kontroll ist auf den ersten Blick für die breite Masse sicherlich völlig uninteressant - keine Action, keine heißen knappbekleidete Frauen und in der Hauptrolle Kartenkontrolleure??? Und dann noch aus Ungarn??
      Genau! Ungarn hat hier einen wirklich originellen und spannenden Film exportiert, der zurecht Publikumsliebling in Cannes und beim FFF war.
      Die Hauptakteure sind völlig überzeichnete, resignierte & unmotivierte Versager, deren Leben beruflich und privat auf dem Abstellgleis verläuft. Die komplette Spielzeit läuft in der Metro ab und sowohl das (das fehlende Tageslicht) als auch das leicht versiffte Umfeld der Metro (die Stationen, das Neonlicht) tragen gewaltig mit zur Atmosphäre bei.
      Kontroll ist von einer süßen Tragikomik erfüllt, welche aufgeschlossene Zuschauer sicherlich schnell begeistern kann - und das mal wieder ganz ohne Explosionen und nackter Haut, Auf die Zwischenmenschlichkeit und den inneren Schweinehund kommt es an und das wird erstklassig dargestellt.

      Von mir gibts dafür 9 Punkte!