Augen ohne Gesicht

      Augen ohne Gesicht

      AUGEN OHNE GESICHT
      (Les yeux sans visage)
      Frankreich 1958
      Regie: Georges Franju
      LZ: 86 Minuten
      Freigabe: ungeprüft

      INHALT:
      Nach einem Unfall ist das Gesicht der Tochter des Schönheitschirurgen Génessier grausam entstellt. Doch Génessier ist fest entschlossen, seiner Tochter die einstige Schönheit zurückzugeben.
      Er lässt junge Frauen von einer ihm hörigen ehemaligen Patientin in sein Haus locken – um in seinem Keller grausige Operationen durchzuführen… -

      REVIEW:
      Der grimmige Plot dieses frühen Tabubrechers aus Frankreich gehört zu jenen Evergreens des Horrorfilms, die über die Jahre hinweg immer wieder gerne gespielt werden. Insbesondere der allseits bekannte Jess Franco hat einen besonderen Narren an der Geschichte gefressen, denn mit DER SCHRECKLICHE DR. ORLOFF (1962) und FACELESS (1988) hat er nicht weniger als zwei Remakes gemacht. Beide gehen qualitativ ebenso in Ordnung wie THE BLOOD ROSE, die LES YEUX SANS VISAGE– Version von Claude Mulot aus dem Jahr 1970.

      Doch nichts geht über das Original.
      Franjus AUGEN OHNE GESICHT von 1959 zählt nämlich zu jenen alten Haudegen der Horrorfilmgarde, die sich keine Blöße mit filmischen Alterserscheinungen wie Overacting, trashige Tricks oder Happy Ends auf Teufelkommraus gegeben haben.
      Somit ist das Grauen zeitlos und der Film hat seinen beachtlichen psychischen wie physischen Härtegrad über die Jahre konservieren können.

      Seine Stimmung pendelt konsequent zwischen klinisch grausam (die sehr graphischen Gesichtsoperationen; die wissenschaftliche Kälte, mit welcher Dr. Génessier misslungene Verpflanzungen protokolliert und eine Fotogalerie des Verfalls von der eigenen Tochter anlegt) und gespenstisch – lyrisch (etwa wenn die Tochter mit ihrer weißen Totenmaske durch das Haus oder von Sittichen begleitet durch einen nächtlichen Park streift).
      Trotz Schwarz/ Weiß – Fotografie steht AUGEN OHNE GESICHT modernem Psychohorror weitaus näher als der Gothic, was aber nicht heißen soll, dass wir hier auf stimmungsvolle Bilder verzichten müssen.

      Im Kontext mit der klinischen Härte, die vor allem die Figur des teuflischen Chirurgen verkörpert, ergibt dies eine exquisite, wegweisende Mischung. Apropos Génessier – der wird von Pierre Brasseur gespielt und der greift mit solch einer emotionslosen Beruflichkeit zum Skalpell, dass zwanzig sabbernde Irre nicht beängstigender wirken könnten. Unterstützt wird er von der damals noch etwas lebensjüngeren Grand Dame des Genres, nämlich Alida (SUSPIRIA, LISA UND DER TEUFEL) Valli, die als treu ergebene Mädchenfängerin des Arztes eine der besten Vorstellungen ihrer Karriere gibt.

      FAZIT: Schönheitschirurg will seiner entstellten Tochter zu einem neuen Gesicht verhelfen und geht dabei über Mädchenleichen… - AUGEN OHNE GESICHT ist ein grenzüberschreitender Horrorfilmklassiker aus den Fünfzigern, der über die Jahrzehnte nichts von seiner fiesen Wirkung eingebüßt hat. Hier gehen tragische Figuren Hand in Hand mit grausigen Gesichtsoperationen. Die AUGEN OHNE GESICHT dürften damals härtetechnisch etwa so gewirkt haben wie ein französischer Splatterfilm heutzutage.

      9 / 10
      Lesbos - Land of hot and languorous nights

      Re: Augen ohne Gesicht



      Wiederveröffentlichung:
      08.10.2009 (Concorde)


      Meinung:

      Als Hintergrundgeräusche werden viele Laute zu hören sein, wie kläffende Hunde die man auch noch sieht und sogar Nebelschwaden ziehen immer wieder auf, auch im s/w Bild gut zu sehen.
      An Sounduntermalung gibt es so etwas wie Zirkusmusik, aber auch ein richtiger Ohrwurm, der stark melancholisch und instrumental schön daherkommt, der wie ein Gedicht die kranke Szenerie um das entstellte Gesichtsmasken tragende Mädel einfängt. Um diesem Mädel ihr hübsches Gesicht wiederzugeben, so wird der Doktor mit seiner Gehilfen nun Frauen zu einem abgelegenen, großen Schloss locken und sie dort rasch über den Jordan schicken, um an Operationsmasse für die entstellte Tochter zu kommen. Schuld an dem entstellten Gesicht ist auch Doktor selber, anhand eines Autounfalls. Es wird Wert auf Dramatik und innere Zerrissenheit gelegt, wobei man bestens auf die Charaktere eingehen gedenkt.
      An Härte sieht man, wie die Gesichtshaut mit einem Skalpell und Zangen blutig rausoperiert werden und auch das Gesicht ohne Haut sowie entstelltes gibt es zu sehen, zur damaligen Zeit auch sehr erstaunlich, sogar ein spitzer Gegenstand wird noch zum Mord genutzt, wo man auch voll draufhält.
      Einige Ungereimtheiten wiegen nicht sehr schwer. Wie jemanden, dem die Gesichtshaut entzogen wurden, die dann mit Mumienlaken um den Kopf gewickelt noch lebend präsentiert wird, wobei man aber klar heraus sieht, dass ihre Haut um die Augen und dem Mund rum noch dran ist, was eigentlich nicht sein dürfte, aber dem Filmalter her zu verzeihen.
      Für den Hundehorrorfreak gibt es im Finale auch noch wilde Bissszenen mit den Kläffern, wo man auch unterschiedliche Rassen präsentiert. Welche Aussage die freigelassenen weißen Tauben noch treffen sollten, konnte ich nicht klären. Jedenfalls darf man „Augen ohne Gesicht“ zu einem der s/w Horrorfilm-Klassiker schlecht hin zählen, der auch eine Inspiration für die Folter/Terrorfilme, somit der Zukunft darstellt, so das der Film auch Heute noch funktioniert im Gegensatz zum harmlos wirkenden „Augen der Angst / Pepping Tom“, jener nicht eingestaubt ist. Dies liegt vor allem daran, dass hier makabere Härte präsentiert wird und die Dialoge, welche zu dieser Zeit meist sehr altbacken wirken, wird man nicht präsentieren, da man vor allem die atmosphärischen Bilder sprechen lässt, ohne an Tempo zu verlieren.

      9/10