Im Glaskäfig

      Im Glaskäfig

      IM GLASKÄFIG
      (Tras el cristal)
      Spanien 1986
      Regie: Agusti Villaronga
      LZ: 107 Minuten
      Freigabe: FSK 18

      INHALT:
      Der ehemalige KZ – Arzt Klaus liegt in der spanischen Villa, in welcher er mit Frau und kleiner Tochter lebt, vollständig gelähmt in einer Eisernen Lunge. Seine Familie weiß nichts über Klaus´ dunkles Geheimnis; darüber, dass er vor seinem Selbstmordversuch, der ihn in die Beatmungsmaschine brachte, Knaben missbraucht und ermordet hat. Ganz im Gegensatz zu einem jungen Mann, der sich mit diesem Wissen einen Job als Klaus´ Pfleger verschafft und ins Haus zieht.
      Dieser junge Mann weiß alles über Klaus´ Verbrechen und ist fasziniert von diesen. Er sieht in Klaus einen Lehrmeister des Bösen und will in dessen Fußstapfen treten. Denn irgendwo in der Vergangenheit der beiden Männer gab es schon einmal Berührungspunkte und diese führen zu neuen, unbeschreiblich grausamen Taten… -

      REVIEW:
      In IM GLASKÄFIG geht es um die Macht über Leben und Tod, die fatalerweise von den kranken und gestörten Persönlichkeiten der Menschheit begehrt wird. Und wird sie erzwungen, hat das leider oft verheerende Konsequenzen für die Unschuldigen wie Schuldigen gleichermaßen. Es geht um Täter und Opfer. Aber auch um deren Zusammenspiel und um den Tausch ihrer Rollen.

      Am Rande zur Unerträglichkeit behandelt IM GLASKÄFIG unfassbare Verbrechen, die den Bogen von grausamen Experimenten in Nazi – Todeslagern bis hin zum sexuellen Missbrauch und Mord von Kindern spannen. In bläulichen, eiskalten Bildern entwickelt Villaronga eine beklemmende Intensität, die – und das ist wirklich keine Floskel oder Übertreibung – einem buchstäblich den Atem stocken lässt.

      Der Spanier führt uns in seinem Film (für den er übrigens bei einer Kinoaufführung von empörten Zuschauern tätlich angegriffen wurde) so radikal nahe an die unsagbare Grausamkeit psychopathischen Denken und Handelns heran wie es vor und nach IM GLASKÄFIG den wenigsten Filmemachern gelungen ist.
      Nach dieser monströsen Psychostudie kommen einem 95 % der anderen fiktiven Serienkillerflicks inklusive DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER und SIEBEN wie schrecklich naive, hoffnungslos unauthentische Filmchen ohne jeglichen Schockwert vor.

      Villaronga seziert in IM GLASKÄFIG den Wahnsinn menschlicher Abgründe mit virtuos geführten Skalpell bis auf den Knochen, legt unerbittlich konsequent Schicht um Schicht frei. Das ist grausam realistisch, zutiefst verstörend, macht nachdenklich und betroffen.
      Was Villaronga hier geschaffen hat, ist kaum in Worte zu fassen. Ebenso wenig die unglaublichen Leistungen der Darsteller. Was insbesondere der Bremer Günter Meisner in der Rolle des gelähmten Knabenmörders und der junge David Sust in der des designierten Nachfolgers darbieten, ist beängstigend brillant. Nicht mehr und nicht weniger als allerhöchste Schauspielkunst.

      Brillant ist das Superlativ, welches auch für jeden anderen handwerklichen Aspekt an diesem Film zutreffend ist. Die kalte, doch kraftvolle Bildersprache, die virtuose auf den Punkt passende Musikuntermalung, die vielen, vielen Szenen, die sich unweigerlich ins Gedächtnis des Zuschauers brennen… - Die kühle Perfektion des Films macht ihn letztendlich noch erschreckender.
      Der renommierte Regisseur John Waters hätte es nicht treffender ausdrücken können, als er über IM GLASKÄFIG gesagt hat: „…ein großartiger Film – aber ich habe Angst, ihn meinen Freunden zu zeigen.

      FAZIT: IM GLASKÄFIG ist das Werk, welches aus fast allen Serienkillerfilmen, die ihr bisher als „schlimm“ oder „heftig“ erachtet hattet, die reinsten Kasperletheater macht. Mit handwerklicher Brillanz, grausamer Konsequenz und einer ungeahnten Tiefgründigkeit öffnet Villaronga in diesem Film das Tor zur Hölle und lässt uns direkt in die kranken Psychen von Triebmördern blicken. Und dann nach 107 erschütternden Minuten entlässt er uns mit einem alles zermalmenden Schlussbild in die bittere Realität zurück und die Sonne scheint plötzlich nicht mehr so hell.
      Ein eiskaltes Meisterwerk und einer der besten Filme, die ich bisher gesehen habe.

      10 / 10
      Lesbos - Land of hot and languorous nights

      Re: Im Glaskäfig

      "DeadGod" schrieb:

      ebenso :D
      ...aber in der Videothek wirds den wohl nicht geben... hm.


      Ob es ihn in der Videothek gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bin einer der "Kaufe erst und drücke dann die Playtaste"-Fraktion.^^
      Gibt´s aber in einer schönen Edition von Bildstörung zu kaufen. FSK 18 uncut.
      Aber lasst euch davon nicht abschrecken. Der steckt von der psychologischen und thematischen Härte so ziemlich jeden Gorefilm in die Tasche.
      Lesbos - Land of hot and languorous nights

      Re: Im Glaskäfig

      „Im Glaskäfig“ wurde vom Label Bildstörung nur im Original Ton veröffentlicht und der Film wurde mit deutscher Untertitelung unterlegt.
      Die stetigen Geräusche welche man bei der außergewöhnlich großen Beatmungsmaschiene (Glaskäfig genannt) hört, jene die Lunge ersetzen soll, sind sehr eklig mit der Zeit, zumindest kann ich solche Geräusche auf Dauer nicht hören, genau sowenig wie die Haushälterin hier im Film. Wobei diese Beatmungsmaschiene eher einem Sarg gleichkommt. Es sind wirklich außergewöhnliche Szenen die man hier zu sehen bekommt, von einem sehr jungen und Vorlaub hübsch ausschauenden jungen Mann, der hier einen alten reichen Mann betreuen soll. Dieser reiche Mann hat Frau und Tochter, wobei die Frau schon daran denkt die Beatmungsmaschiene den Saft abzudrehen. Die ganze Story wird lange Zeit recht undurchsichtig bleiben. Das Geschehen wird zur Nazizeit stattfinden, wo es ja sehr mörderisch zuging, somit sich das sehr sittenwiederige Verhalten hier auch gut erklären lässt. Man wird hier allerdings nicht groß auf diese Zeit eingehen, sondern das Geschehen wird ein Folterspiel aufzeigen, ohne großen politischen Hintergrund, wobei aber doch der Kindesmissbrauch zur Nazizeit auch unterschwellig angeprangert wird. Der junge Gehilfe wird sich jedenfalls mit dem alten Mann im Glaskäfig sogar etwas lieben, ja richtig gehört, auf solch eine schräge Idee muss man erst mal kommen. Auch das Blut soll verköstig werden oder sich an Leichen satt gesehen werden, es ist schon sehr eklig was hier aufgezeigt wird und man ist gewillt sich abzuwenden.
      Der Film beginnt recht ruhig und die Charaktere werden einem näher gebracht, die Schauspielleistungen sind bei allen absolut gut.
      Die Sounduntermalung ist schön traurig. Die Kulisse des sehr atmosphärischen, bunten, sowie aber auch im letzten Drittel sehr düsteren Hauses ist Perfekt gewählt, ein paar wenige Szenen außerhalb dieses Gebäudes gibt es auch noch, zum größten Teil konzentriert man sich aber auf dieses alte Haus mit mehreren Räumen.
      Das Katz und Mausspiel im Mittelteil ist sehr lang anhaltend und schaurig ausgefallen, wenn die Hausherrin sich vor dem jungen Mann verteidigen und verstecken versucht, wobei für den Zuseher der junge Mann immer unheimlicher wird, hat man doch schon die Hausherrin als bösen Charakter für sich beansprucht. Dieser junge Mann masturbiert sogar auf das Gesicht von den Hausherr, der sich nicht wehren kann, jener sich halt im Glaskäfig befindet, wobei er diesen Erguss zunächst nicht mal ablehnen gedenkt.
      Es gibt einige makabere Wortspiele, wie das Hinweisen der Haushälterin, dass sich die Tochter des Hauses das Genick beim spielen brechen könnte, zuvor ist ja schon tatsächlich jemand auf solch eine Art ermordet worden, was die Haushälterin natürlich nichts weis. Wenn ein Junge sich ausziehen muss und festgehalten, sowie mit der Giftspritze hingerichtet wird, ist für den Mainstreamjünger endgültig Endstation hier.
      Man fragt sich lange Zeit, was die Absichten des jungen Mannes sein mögen. Am Ende wird natürlich dies auch aufgelöst, es geht um sexuellen Missbrauch eines Jungen und einem Racheakt, wobei ich jetzt fast schon zuviel verraten habe. : ) Den einzigen Schwachpunkt sehe ich hier, dass nach der Charakterintensivierung es im Mittelteil noch ein mal eine ruhige Phase gibt, wo man eigentlich schon die Spannungsschraube angezogen hatte, so dass die Spannung nicht durchweg hoch ausfällt, allerdings ist dies nur ein kleiner Wehrmutstropfen auf dem makaberen, sehr verstörenden Gesamteindruck, wo man sich auch hier über die ungeschnittene Freigabe nur Wundern kann, Bildstörung hat ein echtes Ass im Ärmel bei der FSK. : )

      9/10

      PS.: videobuster macht es möglich, der Beitrag ist doch gering im Vergleich zu Videotheken wo ich eh nicht gerne hingehe und man bekommt die Post nach Haus. :lol:
      Nach diversen Kurzfilmen, ist "Im Glaskäfig" der erste vollendete Spielfilm von Regisseur Agusti Villaronga. Und das dieser recht umstritten ist, hat man spätestens bei der Kinoaufführung gesehen, als ein paar der Zuschauer dem Regisseur an den Kragen wollte und ihn tätlich angegriffen haben. Doch bei der Thematik kann man das auch verstehen, das es für ein paar der Zuschauer eine Spur zu derb ist, vor allem wenn es auch noch drum geht und Kinder misshandelt werden. Doch der Film ist gnadenlos darauf ausgerichtet um zu provozieren. Und das hat er nicht nur damals geschafft. Auch heute ist dieses "Kunstwerk" (wie ihn einige nennen) auch keine leichte Kost.

      Der Film fängt schon recht derb an und man sieht gleich zu Anfang, wie ein nackter Junge gefesselt an der Decke hängt und wie sich dann der KZ Arzt (Klaus) später an ihm vergehen will. Doch nach der Tat stürzt er sich aus dem Fenster und will sich das Leben nehmen, doch der Versuch schlägt fehl und er ist zum Teil gelähmt. Weil er noch so schwer verletzt ist, hält ihm eine eiserne Lunge (Beatmungsmaschine) am Leben und diese sieht eben aus, wie ein Glas Käfig. Vor allem kann sich Klaus nicht mehr eigenhändig weg bewegen und ist an die Maschine gefesselt. Und als es dann eines Tages ein Mann sich Zutritt zu Klaus verschafft und dieser dann als Krankenpfleger eingestellt wird, fängt der Horror für Klaus erst so richtig an.

      Der angebliche Krankenpfleger Angelo, der das Tagebuch von Klaus nach seinem versuchten Selbstmord gefunden hat, ist nun fortan an seiner Seite und will das fiese Spiel was damals Klaus an den Kindern gemacht hat, an ihm zelebrieren. Anfangs fängt auch alles noch ganz harmlos an, doch das ganze schaukelt sich natürlich immer weiter und weiter nach oben. Und man kann regelrecht mit ansehen, wie Angelo immer mehr psychopathsiche Züge annimmt und nach und nach am austicken ist. Von den Geschichten die Klaus ihm erzählt (die aus seiner Vergangenheit) wird Angelo besessen und holt sich auch schnell das erste Kind mit nach Hause, um an ihm seine grausamen Schandtaten auszuüben, die Klaus vor ein paar Jahren selbst gemacht hat. Und er will alles Detailgetreu nachmachen und fragt nach, welche Instrumente er denn noch alle verwendet hat, ausser die mit Benzin gefüllte Spritze, die für´s Herz gedacht ist, damit das Kind dann qualvoll verendet.

      In Sachen Härte geht der Film recht schonungslos und kompromisslos zur Sache, aber die Härte bekommt man nicht in visuellen Bildern, sondern diese spielt sich in den Köpfen der einzelnen Zuschauer ab und vor allem wie diese auf den Film hier reagieren. Für das Mainstream Publikum ist der Film auf jeden Fall fehl am Platze, doch es gibt sicherlich genügend Filmfans, die Im Glaskäfig als Kunstwerk ansehen. Der Film wird sicherlich für viele keine leichte Kost sein, das auf jeden Fall auch mit dem Thema zusammen hängt, aber auch an den vielen Kleinigkeiten (z.B. das ständige Geräusch der Lungenmaschine) wird der Film zu etwas "besonderem". Bildstörung hat auch hier wieder eine gefühlte Tonne an Bonusmaterialien mit draufgepackt, wo man sich noch ein paar letzte Inforamtionen rund um den Film einholen kann. Im Glaskäfig wird die Meinungen mit Sicherheit spalten!

      7 / 10
      Ich habe auch mal gleich bei Bildstörung zugegriffen und mir diesen sogleich reingezogen.
      Ich bin eigendlich auch hart im Nehmen, was harten Tobak angeht... Aber ich kann euch sagen.. dieser Film jagte mir einen kalten Schauer überden Rücken und Angst ein.

      Kurz und schlicht: Das ist einer der Filme, die mir Angst einjagen !!!
      Gehirn... Gehirn...!

      Zombie schrieb:

      Ich habe auch mal gleich bei Bildstörung zugegriffen und mir diesen sogleich reingezogen.
      Ich bin eigendlich auch hart im Nehmen, was harten Tobak angeht... Aber ich kann euch sagen.. dieser Film jagte mir einen kalten Schauer überden Rücken und Angst ein.

      Kurz und schlicht: Das ist einer der Filme, die mir Angst einjagen !!!

      Dann schau dir mal die anderen Werke an, die Bildstörung ebenfalls rausgebracht haben. Ich finde es klasse, dass sie solche "Perlen" ausgraben und neu auflegen.





      Im Glaskäfig
      (Tras el cristal)
      mit Günter Meisner, David Sust, Marisa Paredes, Gisele Echevarria, Imma Coloma, Josue Gurasch, David Cuspinera, Ricardo Carcelero, Alberto Manzano
      Regie: Agusti Villaronga
      Drehbuch: Agusti Villaronga
      Kamera: Jaume Peracaula
      Musik: Javier Navarrete
      Keine Jugendfreigabe
      Spanien / 1986

      Ein ehemaliger KZ-Arzt, der in einem Konzentrationslager schreckliche Versuche an Kindern durchgeführt hat, taucht nach Ende des Krieges mit seiner Familie in Spanien unter. Als seine dunklen Triebe ihn einholen und er auch dort beginnt, kleine Jungen zu missbrauchen und zu töten, stürzt er sich aus Verzweiflung von einem Dach. Völlig gelähmt und nur noch von einer eisernen Lunge am Leben gehalten lebt Klaus seitdem zu Hause und wird von seiner Frau Griselda und der gemeinsamen Tochter Rena gepflegt. Eines Tages verschafft sich ein junger Mann völlig überraschend Zutritt zu Klaus' Zimmer und bietet ihm seine Dienste als Krankenpfleger an. Obwohl Griselda strikt dagegen ist besteht Klaus seltsamerweise auf seine Anstellung. Kurz darauf beginnt Angelo ein perfides Spiel mit seinem Patienten, geprägt von Demütigungen aber auch von Zuneigung. Immer mehr dominiert der Junge das Geschehen im Haus. Getrieben von einer Mischung aus Faszination und Abscheu wird seine Beziehung zu Klaus bald zur Besessenheit. Als Klaus erkennt, wie es um Angelo steht, ist es bereits zu spät. Er kann nur noch hilflos mit ansehen, wie Angelo zunehmen die Kontrolle verliert...


      Nach diversen Kurzfilmen war "Im Glaskäfig" die erste Regiearbeit in Spielfilmlänge von Regisseur Agusti Villaronga, der damit auch gleichzeitig ein äusserst umstrittenes Werk geschaffen hat, das nach seinem Erscheinen im Jahre 1986 viele Jahre von der Zensur verfolgt wurde. Durch das Independent-Label Bildstörung gibt es diesen sehr verstörenden, aber gleichzeitig auch beeindruckenden Film endlich auch auf DVD, so das sich nun alle ein Bild von diesem Film-Drama machen können, das ganz tief in die Abgründe der menschlichen Seele hinabtaucht und dabei Seiten eines Menschen offenbart, die eine sehr schockierende und abstossende Wirkung auf den Betrachter haben.

      Diese Wirkung der Geschichte entsteht allerdings nicht durch visuelle Härte und Brutalität, denn diese Dinge werden immer nur angedeutet. Es ist vielmehr die im Kopf des Zuschauers entstehende Gewalt, die durch das stattfindende Geschehen ausgelöst wird und der man sich beim besten Willen nicht entziehen kann. Denn im Prinzip wird man hier mit einer eher ruhigen Erzählweise der Ereignisse konfrontiert, die dabei aber ein so hohes Maß an Intensität entwickelt, das es einem phasenweise kalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Ausgelöst wird dies durch die entstehende Beziehung zwischen dem ehemaligen KZ-Arzt Klaus und seinem Peiniger Angelo, der in seine Fußstapfen tritt und ihn mit seinen eigenen Greueltaten konfrontiert, die dieser damals an Kindern begangen hat.

      Dabei entsteht ein Großteil der schockierenden Wirkung durch die optische Ausstrahlung von Angelo, denn wirkt er doch viel eher wie ein großer Junge und seine weichen, fast femininen Gesichtszüge lassen einen noch nicht einmal ansatzweise erahnen, zu welchen Taten er fähig ist. Hinzu kommt seine am Anfang doch eher ruhuge und in sich gekehrte Art, die sich allerdings im Laufe der Zeit drastisch ändern soll. Immer mehr tritt seine dunkle Seite aus ihm heraus und er mutiert zu dem gleichen menschlichen Monster, das Klaus einst selbst gewesen ist. Angelo konfrontiert den hilflosen Mann mit seinen eigenen Taten, die er den Aufzeichnungen aus dessen KZ-Tagebuch entnimmt. Dieses hat er nach dem misslungenen Selbstmordversuch von Klaus in einer Ruine gefunden, was in der Eröffnungs-Sequenz des Films ersichtlich wird.

      Allein schon die Passagen des Films, in denen Angelo lediglich Auszüge aus dem Tagebuch vorliest, sorgen für ein extrem beklemmendes Gefühl beim Zuschauer, da sie an Grausamkeit kaum zu überbieten sind. Die Experimente an Kindern, die hier geschildert werden, sind so furchtbar und schockierend, das man es kaum in Worte fassen kann. Der dabei entstehende Härtegrad, der sich lediglich in der Vorstellung des Betrachters entfaltet, könnte kaum höher und intensiver sein und hat zur Folge, das man sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlt. Und gerade dieses beklemmende und unbehagliche Gefühl, das einem hier vermittelt wird, ist die ganz große Stärke dieses Werkes, herrscht es doch im Prinzip von der ersten bis zur letzten Minute vor und legt sich fast wie eine zentnerschwere Last auf die eigene Seele, unter dessen Gewicht man das Gefühl hat, erdrückt zu werden.

      Neben der erstklassig inszenierten Geschichte lebt "Im Glaskäfig" insbesondere von seinen erstklassigen Darstellern, wobei das Hauptaugenmerk ganz sicher auf die beiden Hauptdarsteller Günter Meisner (Klaus) und David Sust (Angelo) liegt, deren Schauspiel äusserst authentisch und vor allem sehr ausdrucksstark erscheint. Insbesondere David Sust versteht es absolut meisterlich, die Gegensätze im Charakter des Angelo sichtbar zu machen, sieht man ihn doch einerseits in einigen Phasen sehr gefühlsbetont und bekommt dann andererseits eine Seite von ihm präsentiert, die ihn eiskalt und scheinbar vollkommen emotionslos erscheinen lässt. Als bestes Beispiel für die extremen Gegensätze sollen lediglich zwei Szenen dienen, die kaum kontroverser sein könnten, sieht man ihn doch einmal beim zitieren aus dem Tagebuch weinen, wobei man den Schmerz in seiner Seele fast körperlich spüren kann. Stellt man dann im Gegensatz dazu eine Passage, in der er selbst einen von ihm gefangenen Jungen tötet, indem er ihm mit einer Spritze Benzin injiziert, so könnten die Unterschiede nicht größer sein.

      So ist dieser Film ganz generell mit Gegensätzen überhäuft, ein Täter wird zu einem hilflosen Opfer und ein Opfer (denn nichts anderes ist Angelo) wird zum Täter. Das hier entstehende und extrem perfide "Spiel" setzt eine äusserst verstörende und schockierende Wirkung frei, die durch den hammermäßigen Score und die brillante Location einer vollkommen kalt wirkenden alten Villa noch zusätzlich unterstüzt wird. So kann sich die hohe Intensität des Szenarios voll entfalten und springt fast zwangsläufig auch auf den Zuschauer über, der sich gegen die schockierenden Eindrücke nicht erwehren kann, die hier auf ihn einprasseln. Im Endeffekt ist es dann auch eher logisch, das die hier erzählte Geschichte nicht ganz spurlos an einem vorbeigeht, sondern einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlässt.

      Auch hier, wie bei eigentlich allen Veröffentlichungen des Labels Bildstörung, hat man sich wieder besonders viel mühe gegebn, die DVD erscheint in einem Schuber und enthält ein Booklet mit Liner Notes. Als weitere interessante Extras gibt es zusätzlich noch einen Audiokommentar und ein Interview mit dem Regisseur Agusti Villaronga und eine kommentierte Bildergalerie. Insgesamt gesehen bekommt der Käufer also ein rundum lohnenswertes Gesamtpaket geboten, das sich kein echter Film-Fan entgehen lassen sollte.


      Fazit:


      "Im Glaskäfig" ist ein äusserst schockierendes und beeindruckendes Drama, das aufgrund seiner hohen Intensität auch nachhaltig beeindrucken kann. Trotz einer teils eher sehr ruhigen und bedächtigen Erzählweise entfaltet der Film eine extrem verstörende und harte Wirkung auf den Betrachter, der sich ganzzeitig fast einer Ohnmacht nahe sieht und eine gewisse Zeit braucht, um das Gesehene zu verarbeiten. Hervorragende Darsteller, ein toller Score und eine perfekt ausgewählte Location sorgen hier für ein Film-Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.


      Die DVD:

      Vertrieb: Bildstörung
      Sprache / Ton: Spanische Originalfassung DD 2.0
      Untertitel: Deutsch
      Bild: 1:1,85 (16:9)
      Laufzeit: 107 Minuten
      Extras: Audiokommentar & Interview mit Agusti Villaronga, kommentierte Bildergalerie, Booklet mit Liner Notes


      9/10