Monsterland Dokumentation von Jörg Buttgereit, Arte, 29.03.

      Monsterland Dokumentation von Jörg Buttgereit, Arte, 29.03.

      MONSTERLAND

      Ein Film von Jörg Buttgereit
      Länge: 80 Minuten
      Eine Produktion von Avanti Media für ZDF / ARTE

      ARTE, 29. März, 22:20 Uhr


      Frankenstein, der Werwolf, King Kong, Godzilla - all diese Schreckgestalten scheinen uns auf unheimliche Weise vertraut. Denn in die Monster wird projiziert, was wir uns selbst nicht erlauben und uns als verbotenen Wunsch nicht eingestehen dürfen. Was bedeuten und personifizieren die Monster für uns? Brauchen wir diese Biester gar für unser Seelenheil?

      In „Monsterland“ reist Jörg Buttgereit in die weite Welt hinaus zu den Schöpfern der Monster, um mit ihnen gemeinsam den Schrecken, die Faszination und die Liebe zu den Monstern zu erkunden.

      In Los Angeles spricht Buttgereit mit Hollywoods berühmtestem Maskenbildner Rick Baker und dem ausgewiesenen Monster-Kenner Joe Dante, Regisseur des Kassenknüllers „Die Gremlins“. In einem der alten Filmpaläste von Los Angeles trifft er Horror-Regisseur John Carpenter. In dessen Filmen lauert das Böse im Verborgenen und sogar im Menschen selbst. Die Neuverfilmung „The Thing“ wurde zu einem der beunruhigendsten Monsterfilme. In „Halloween“ hat er mit dem stummen maskierten Killer Michael Myers den Prototyp des Monsters in Menschengestalt geschaffen. Carpenter ist ein Intellektueller, der sich und das Genre in Frage stellt.

      In New York besucht Buttgereit den exzentrischen Maler Joe Coleman in seinem mit Monster- und Mörder-Devotionalien vollgestopften Atelier. Joe Coleman verewigt in seinen an Hieronymus Bosch erinnernden Gemälden Serienmörder, Freaks und Mutationen. Für Monate dringt Coleman beim Malen in die Psyche menschlicher Monster wie Ed Gein ein, der das reale Vorbild für die mythisch überhöhten Killer aus „Psycho“, „Silence Of The Lambs“ oder „Texas Chainsaw Massacre“ ist.

      Die monströsen femininen Schöpfungen aus den amerikanischen Blockbustern „Alien“ und „Species“ stammen von dem schweizerischen Künstler H. R.Giger. Der Maler und Designer ist bekannt für seine düsteren Airbrush-Bilder und hat mit seinen weiblichen Alptraumkreaturen das Erscheinungsbild der Monster seit den 80er Jahren maßgeblich beeinflusst.

      Ob Aliens oder Zombies, Serienmörder oder Urzeitwesen, der amerikanische Spezial-Effekt-Guru Gregory Nicotero hat sie alle schon auf die Leinwand gezaubert. Im digitalen Zeitalter ist Nicotero einer der letzten Fachmänner für Spezial-Effekte und “handgemachte” Monster, die eben nicht am Computer animiert werden. Er hat für alle bedeutenden Regisseure des Genres (Carpenter, Romero, Tarantino) gearbeitet und ist vielleicht so etwas wie ein moderner Doktor Frankenstein.

      Anders als im Illusionskino Hollywoods hat sich der japanische Monsterfilm seine artifizielle Ästhetik bis heute bewahrt. In Tokio trifft Buttgereit den Schauspieler Kenpachiro Satsuma der seit den 70er Jahren in unzähligen Monsterfilmen die Riesenechse Godzilla und andere Kaiju ( = japanische Riesenmonster) dargestellt hat. Er war es, der eingeschlossen in ein klaustrophobisches Latex-Kostüm in Miniaturstädten wütete und Godzilla eine menschliche Note verlieh.

      Teruyoshi Nakano war seit den frühen 70er Jahren Regisseur der Monsterszenen bei der Produktionsfirma Toho. Nakano steht für die traditionelle japanische Art der Monsterdarstellung (Suitmation) und wird über die durchaus gewollte Künstlichkeit der asiatischen Monsterfilme berichten.

      Der Filmemacher Shinya Tsukamoto ist zwar auch mit Godzilla-Filmen aufgewachsen, doch mit seinem wilden „Splatter-Punk“-Filmen „Tetsuo – The Iron Man“ oder „Tokyo Fist“ ist er der moderne Gegenpol zu Satzuma und Nakano. Mit seinen Body-Horror-Filmen ist er regelmäßig auf internationalen Festivals wie Cannes vertreten und repräsentiert das heutige Japan. Seine Monster sind nicht so gigantisch wie Godzilla + Co. Es sind verletzliche Mutationen und Maschinenmenschen die unter den Beton- und Stahlriesen Tokios hervor kriechen.

      Als Experte für japanische Monster stellt Buttgereit den Amerikaner Paul Gavins vor, der regelmäßig auf Monster Conventions seine selbst gefertigten Monsterkostüme vorstellt. Er lebt aus, wovon viele Fans nur träumen: er schlüpft in Monsterkostüme und wird so zum umjubelten Mon-Star.

      Director’s Statement
      Als ich im zarten Alter von 4 Jahren in einer Nachmittagsvorstellung eines Berliner Bezirkskinos meinen ersten Godzilla-Film sah, war es um mich geschehen. Einerseits hatte ich Angst vor dieser gigantischen Urweltechse, die durch die Straßen von Tokio stapfte und mit ihrem atomaren Feueratem Tod und Zerstörung verbreitete. Andererseits spürte ich eine Bewunderung und Mitleid für dieses Riesenmonster, das vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort war und eigentlich nichts Böses wollte. Jedenfalls wollte ich nichts anderes mehr sehen als Monsterfilme.

      Um ehrlich zu sein ist das noch heute so. Inzwischen bin ich allerdings 40 Jahre älter und neue Monster treiben ihr Unwesen auf der Leinwand. Doch mein Herz schlägt nach wie vor für die unschuldigen und gutmütigen Monster aus Kindertagen, wofür mich die Menschen in meinem Umfeld längst mitleidig belächeln. Fürchten sie sich im Angesicht moderner Bedrohungen wie dem internationalen Terrorismus womöglich gar nicht mehr vor den mächtigen Fabelwesen? Sind meine liebsten Monster King Kong, Frankenstein oder Godzilla altmodische Auslaufmodelle und ich womöglich ein hoffnungslos peinlicher Romantiker? Diese Frage ist für mich der Anlass, nach all den Jahren einen neuen Blick auf die Monster zu werfen und herauszufinden, warum wir Monster brauchen und ob sie uns heute noch erschrecken können.



      Jörg Buttgereit
      ist Regisseur diverser, international bekannter Arthouse-Horrorfilme (NEKROMANTIK, DER TODESKING, NEKROMANTIK 2, SCHRAMM), Hörspielmacher für den WDR (SEXY SUSHI, ED GEIN SUPERSTAR, VIDEO NASTY, FRANKENSTEIN IN HIROSHIMA, CAPTAIN BERLIN VERSUS DRACULA) und Filmkritiker für diverse Publikationen. Er ist Autor der Filmbücher MONSTER AUS JAPAN GREIFEN AN (1998), NIGHTMARES IN PLASTIC (2001) und JAPAN- DIE MONSTERINSEL (2006). Nebenbei arbeitet Buttgereit als Special-Effects-Supervisor (KONDOM DES GRAUENS) und dreht Musikclips. Seine preisgekrönte Fernsehdokumentation DIE MONSTERINSEL lief 2002 im WDR-Fernsehen. 2005 schrieb und inszenierte er die deutsche Fassung des Punk-Musicals GABBA GABBA HEY! mit der Musik der New Yorker Punk-Legende RAMONES. In ARTE war er 2006 in DURCH DIE NACHT MIT BRUCE LaBRUCE UND JÖRG BUTTGEREIT zu sehen. 2007 drehte er mit DURCH DIE NACHT MIT MARK BENECKE UND MICHAELA SCHAFFRATH selbst eine Folge der Serie für ZDF/ARTE.



      Quelle: Avanti Media