I Declare War

      I Declare War



      I Declare War
      (I Declare War)
      mit Siam Yu, Gage Munroe, Michael Friend, Aidan Gouveia, Mackenzie Munro, Alex Cardillo, Dyson Fyke, Spencer Howes, Andy Reid, Kolton Stewart, Richard Nguyen, Eric Hanson, Alex Wall, Houston
      Regie: Jason Lapeyre / Robert Wilson
      Drehbuch: Jason Lapeyre
      Kamera: Ray Dumas
      Musik: Eric Cadesky / Nick Dyer
      FSK 16
      Kanada / 2012

      Der 12-jährige PK und seine Freunde spielen nach der Schule regelmäßig "Capture the Flag" im nahe gelegenen Wald. In der Fantasie der Kinder gewinnt das harmlose Kriegsspiel an Realismus: Stöcke werden zu Gewehren, Wasserbomben zu Granaten und das einfache, aber strenge Regelwerk lässt die Opfer "sterben" und somit aus dem Spiel ausscheiden. Doch an einem Nachmittag verliert Skinner, einer von PKs Gegnern auf dem Schlachtfeld, die Kontrolle. Er reißt das Kommando über seinen Trupp an sich und nimmt PKs besten Freund Kwon als Kriegsgefangenen. Als verschiedene Befreiungsversuche scheitern, droht das unschuldige Kinderspiel zu eskalieren, denn für Skinner ist das Spiel schon lange keines mehr. Doch auch PKs Vorgehensweise nimmt immer gefährlichere Ausmaße an...

      Nachdem mir persönlich im Gegensatz zu vielen anderen Leuten schon das Spielfilm-Debüt von Jason Lapeyre "Cold Blooded" sehr gut gefallen hat, bringt das noch junge Label OFDB filmworks nun mit "I Declare War" den Nachfolger heraus, der den Zuschauer phasenweise wirklich sprachlos zurücklässt. Lediglich mit Kindern besetzt offenbart sich hier eine Geschichte die aufgrund der agierenden Darsteller selbstverständlich einen kindlich naiven Anstrich beinhaltet, bei genauerem Hinsehen jedoch einen mehr als erwachsenen Eindruck hinterlässt. Lapeyre hat es geradezu meisterhaft verstanden, hier einen gewagten Spagat zwischen kindlichem Charme und der damit verbundenen Unschuld und andererseits fast schon boshafter Ernsthaftigkeit hinzubekommen, der sich immer wieder während der gut 90 Minuten Laufzeit erkennen lässt. Selten habe ich einen Film gesehen, in dem die Kriegs-Thematik so wundervoll mit der Naivität von Kindern verbunden wurde und dabei ein Gesamtpaket an den Tag legt, das in wirklich jeder Beziehung vollends überzeugen kann. Dabei hält man sich auch nicht erst mit einer großen Einführung in die Geschehnisse auf, sondern konfrontiert den Betrachter schon gleich zu Beginn mit dem Kriegsspiel, das PK und seine Freunde täglich nach der Schule im Wald stattfinden lassen. Schon nach wenigen Minuten lassen die Abläufe erahnen, das die durch junge Schauspieler offensichtlich zur Schau gestellte Naivität lediglich Fassade ist, kommen doch vielmehr die Attribute eines echten Kriegsfilms zum tragen. Das Szenario bietet dabei eine tiefer gehende Beleuchtung sämtlicher Charaktere an und was sich einem hinter den unschuldigen Gesichtern der Protagonisten wirklich entgegen stellt überzieht einen in etlichen Passagen schon mit einer echten Gänsehaut.

      Kann man am Anfang noch von einem vielleicht typischen Jugendfilm ausgehen, so wandelt sich die Geschichte doch relativ schnell zu einem waschechten Drama, das zusätzlich mit Elementen des Actionfilmes angereichert wurde und gleichzeitig auch eine bissig-humorige Note erkennen lässt. Das herausragende Merkmal dieses Filmes ist jedoch der Aspekt, das die Kinder-Fassade der Akteure immer mehr bröckelt, um dann die Züge der Erwachsenen durchscheinen zu lassen. Es ist schon streckenweise perfide wenn man sieht, das sich hier offensichtlich gestörte Persönlichkeiten zu erkennen geben, die auf einmal so gar nichts mehr von einem unschuldigen Kind aufweisen außer ihr Aussehen. Ansonsten jedoch zeigen sich Figuren, die fast durch die Bank an einer ausgewachsenen Profilneurose zu leiden scheinen und das erschreckend grandiose Schauspiel der Jung-Darsteller ist dafür verantwortlich, das die Ereignisse eine nicht erwartete Intensität annehmen, die einem merklich unter die Haut geht. Zwar versucht man sich selbst ständig einzureden das es nur Kinder sind und das es sich hier lediglich um ein Spiel handelt, das ein wenig außer Kontrolle gerät, doch der authentische Eindruck des Ganzen ist dermaßen stark, das man eher vergeblich gegen die teils grausame Wirkung des Szenarios ankämpft.

      Jason Lapeyre lässt hier sämtliche wesentlichen Merkmale wie Freundschaft, Taktik, Liebe, Verrat und Angst in den Mittelpunkt rücken und verleiht den Abläufen eine unglaubliche Reife, denn nur noch selten ertappt sich der Zuschauer noch selbst dabei, an dieser Stelle einen Film zu sehen, der ausschließlich mit Kindern besetzt ist. Unter diesem Gesichtspunkt erscheinen die Geschehnisse dann auch umso härter-und brutaler, selbst Folterungen lassen die immer stärker aufkommende Gewaltspirale vollkommen außer Kontrolle geraten. Dennoch hat man sorgsam darauf geachtet, das zwischendurch immer mal wieder der kindliche Charme durchkommt, denn auch die ersten Sehnsüchte und damit verbundene Liebesgefühle haben ihren Platz in diesem herausragenden Werk, das so auch durchaus schöne Momente bereit hält. Besonders gut kommt der Spagat zwischen Kind und Erwachsenem auch in visueller Hinsicht zum tragen, so verwandeln sich doch Waffen aus Holz durch die Fantasie der Akteure in echtes Kriegsmaterial, so das man auf einmal statt eines großen Knüppels eine Bazooka auf dem Rücken trägt. Durch dieses visuelle Element wird einem noch eindringlicher vor Augen geführt, wie schmal doch der Grat zwischen Spiel und Ernst ist, wobei die Grenzen teilweise regelrecht verschwimmen.

      Am Ende der Geschichte ist man dann fast schon körperlich erschöpft und merkt eigentlich erst im nachhinein, wie sehr einen das Gesehene doch berührt-und gleichzeitig mitgenommen hat. Kaum merklich entwickelt sich nämlich während der Laufzeit eine immer stärkere Intensität des Ganzen, die einen vollkommen in Beschlag nimmt und auch nach dem Ende noch sehr nachhaltig haften bleibt. "I Declare War" ist in meinen Augen eine wahre Film-Perle, die man nicht einfach so nebenbei anschauen sollte. Was wie ein handelsüblicher Jugendfilm beginnt, lässt ziemlich schnell die Züge eines echten Kriegsfilmes erkennen und hinterlässt insbesondere durch diesen Umstand einen manchmal fast verstörenden Eindruck beim Zuschauer. Durch den genialen Schachzug die ganze Chose ausschließlich mit Jung-Darstellern zu besetzen wird der Geschichte eine Wucht verliehen, die man am Anfang keinesfalls erwarten kann. Und so sollte man im Prinzip nur zu einem überragenden Gesamteindruck gelangen können, der ganz besonders durch die perfekten Performances der kindlichen Kriegsherren entsteht. Wie dem aber auch sei, Lapeyre hat mit "I Declare War" definitiv einen Film geschaffen, den man so schnell nicht wieder vergessen kann und der ganz bestimmt nicht das letzte Mal im heimischen DVD-Player gelandet ist.

      Fazit:

      Auch die mittlerweile dritte Veröffentlichung von OFDB filmworks hat sich meiner Ansicht nach als absoluter Volltreffer erwiesen. Dieses Mal handelt es sich um einen wirklich außergewöhnlich guten Film der nicht nur äußerst nachdenklich stimmt, sondern zudem auch eine ansonsten als erwachsen einzustufende Thematik mit einer kindlichen Unschulds-Note verbindet und dadurch einen gewagten Spagat begeht, den man letztendlich jedoch als absolut gelungen einstufen kann.

      9/10