Hannibal (TV-Serie) Staffel 1

      Hannibal (TV-Serie) Staffel 1



      Hannibal
      (Hannibal)
      mit Hugh Dancy, Mads Mikkelsen, Caroline Dhavernas, Hettienne Park, Laurence Fishburne, Scott Thompson, Aaron Abrams, Kacey Rohl, Vladimir Jon Cubrt, Lara Jean Chorostecki, Gillian Anderson, Krista Patton
      Regie: Tim Hunter / Guillermo Navarro, u.A
      Drehbuch: Bryan Fuller / Thomas Harris, u.A
      Kamera: James Hawkinson / Karim Hussain
      Musik: Brian Reitzell
      keine Jugendfreigabe
      USA / 2013
      13 Episoden a ca. 45 Minuten
      Episoden:
      Disc 1:
      01 Töchter
      02 Pilze
      03 Hirschgeweih
      04 Verlorene Jungs

      Disc 2:
      05 Engel
      06 Hoffnung
      07 Alles Fleisch
      08 Dunkler Klang

      Disc 3:
      09 Vermächtnis
      10 Gesichter
      11 Fieber
      12 Köder

      Disc 4:
      13 Minnesota

      FBI-Agent Will Graham hat eine besondere Gabe. Er kann tief in den Verstand anderer Personen eindringen und deren Erlebnisse zu seinen eigenen machen. Eine Fähigkeit, die ihm einerseits bei der Aufklärung von perfiden Mordfällen hilft, ihn andererseits aber auch an den Rand des Wahnsinns bringt. Als eine neue Mordserie das FBI erschüttert, bittet ihn Special Agent Jack Crawford um Hilfe. Zur Unterstützung und Sicherheit wird dem labilen Graham der prominenteste und beste Psychiater des Landes zur Seite gestellt – Dr. Hannibal Lecter.

      Es ist im Vorfeld schon ein wenig gewöhnungsbedürftig, sich die Figur des Hannibal Lecter im Serienformat vorzustellen. Erschwerend kommt dann noch der Umstand hinzu, das Sir Anthony Hopkins den Charakter der Figur dermaßen brillant dargestellt hat, das man sich kaum jemand anders in dieser Rolle vorstellen kann. So löst dann auch die Besetzung durch einen zugegebenermaßen sehr guten Darsteller wie Mads Mikkelsen im ersten Moment nicht unbedingt Begeisterungsstürme beim Zuschauer aus, doch soll man schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit feststellen, das man dem blonden Dänen mit dieser Einschätzung keinesfalls gerecht wird. In seiner Person liegt nämlich eine der großen Stärken der vorliegenden ersten Staffel begründet, denn sein distinguiertes Auftreten als Mann von Welt steht dem eines Anthony Hopkins nicht nach, zudem ist es seine fast schon stoische Ruhe, die einen in diversen Momenten fast zur Explosion bringt. Insbesondere im Zusammenspiel mit der anderen Hauptfigur Will Graham (Hugh Dancy) ergeben sich unzählige darstellerische Höhepunkte, denn was die beiden Schauspieler sich hier größtenteils für einen Schlagabtausch liefern, ist kaum in Worte zu fassen und muss von einem jeden selbst gesichtet werden, um die qualitativ extrem hochwertigen Performances auch richtig beurteilen zu können. Allerdings sollte man auch den Rest der Darsteller-Riege keinesfalls vernachlässigen, denn bis in die kleinsten Nebenrollen erscheint das Ganze nahezu perfekt besetzt. Doch obwohl selbst ein Laurence Fishburne (Crawford) eine glänzende Leistung an den Tag legt und auch eine äußerst spielfreudige Caroline Dhavernas (Dr. Alana Bloom) die Reihen der Hauptfiguren glänzend ergänzt, erblassen doch eigentlich alle durch die Omnipräsenz der beiden wichtigsten Charaktere.

      Dieser Aspekt macht sich zwar in keiner Weise irgendwie negativ bemerkbar da die Spielanteile relativ fair verteilt sind, es ist ganz einfach die Fokussierung der Serie auf die Beziehung zwischen Lecter und Graham, die hier das Augenmerk des Betrachters fast zwangsläufig auf diese beiden Personen lenkt. Zeitlich ist das gesamte Geschehen in der Gegenwart angesiedelt, wobei man eigentlich viel eher den Rahmen der 70er Jahre erwartet hätte, da sich die Ereignisse ganz offensichtlich vor der ersten Verfilmung "Blutmond" bzw. "Roter Drache" ansiedeln. Dieser Schachzug erweist sich jedoch vielmehr als absoluter Volltreffer, wird man dadurch doch auch mit den neuesten Methoden von Forensikern konfrontiert, was jederzeit absolut zeitgemäß erscheint. Auch wenn das Format nicht unbedingt mit visueller Härte aufwartet, beinhaltet die Serie einen nahezu immensen Härtegrad, der sich vor allem in der Vorstellungskraft des Zuschauers bemerkbar macht. Werden die meisten Dinge zwar lediglich in Ansätzen gezeigt, so sind es in erster Linie die dazu gehörigen Dialoge, die einen fast die gesamte Zeit über mit einer Gänsehaut versehen. So kann man auch ohne Übertreibung behaupten, das "Hannibal" nicht unbedingt eine Serie für zarte Gemüter ist, denn wenn man ein wenig die eigene Fantasie in Gang setzt, driftet man immer mehr in eine Welt der Brutalitäten und Grausamkeiten ab und kann sich einen ungefähren Eindruck über die seelische Verfassung eines Will Graham machen, dessen seelischer Zustand immer mehr in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Dabei ist es dem glänzenden Schauspiel von Hugh Dancy zu verdanken, das man regelrecht mit einem Menschen mitleidet, der mit einer Gabe gesegnet ist, die sich für einen Außenstehenden vielmehr als eine Art grausamer Fluch darstellt. Das Vermögen, sich in einen Serienkiller hinein zu versetzen wird dabei so grandios dargestellt, das man sich phasenweise des Eindruckes nicht erwahren kann, selbst in den Körper des Ermittlers zu schlüpfen und so die unendlichen Qualen mit ihm zu teilen.

      Obwohl Graham genau weiß wie belastend das Ganze für seinen körperlichen und geistigen Zustand ist, scheint er ohne diese makabere Arbeit nicht leben zu können. Diesen Umstand macht sich sein Vorgesetzter Crawford durchaus zu Nutze und saugt Graham durch das Ausnutzen seiner Fähigkeiten regelrecht aus. Dennoch besteht zwischen den beiden eine sonderbare Art von Respekt und sogar ansatzweise Freundschaft, was trotz der grausamen Ereignisse immer wieder zum Vorschein kommt. Das beide von der Figur Lecter auf die raffinierteste Art und Weise benutzt und gegeneinander ausgespielt werden ist für die beiden nicht ersichtlich, so das lediglich der Betrachter die Heimtücke erkennt, die hinter dem perfiden Plan des kannibalistischen Psychiaters steckt. Auch wenn manch einer das eventuell etwas anders sehen wird bin ich persönlich der Meinung, das der Plan auch nicht durchschaubar ist, denn Mikkelsen spannt hier ein Netz aus Lügen-und Manipulation das sich wirklich gewaschen hat. Und so läuft die ganze Chose letztendlich auf ein Finale der ersten Staffel hinaus, das die Meinungen ganz sicher spalten wird, doch ich persönlich finde den Cliffhanger am Ende der letzten Episode absolut passend, kann man so doch die Spannung bis zur Weiterführung der Serie nur schwerlich aushalten. Zu guter Letzt sollte man noch einige Worte über die Dramaturgie verlieren, denn obwohl das Format in den ersten beiden Folgen noch ein klein wenig holprig erscheint, erweist sich dieser eventuell aufkommende Eindruck als absoluter Trugschluss. Vielmehr wird an dieser Stelle nämlich der Grundstein für ein Szenario gelegt, das wirklich fast minütlich immer mehr an Klasse und Niveau gewinnt und so auf die gesamte Staffel ausgelegt einen enorm hohen Standard an den Tag legt und dabei auch eine immer stärker ansteigende Intensität erkennen lässt, die einen ganz unwillkürlich in ihren Bann zieht.

      Letztendlich hat mich diese erste Staffel in allen Belangen vollkommen überzeugt und die im Vorfeld befürchteten Mankos haben sich an keiner einzigen Stelle erkennen lassen. Eine perfekte Darsteller-Riege, ein dramaturgisch hervorragend aufgebauter Spannungsbogen und Gänsehaut ohne Ende sorgen hier für eine erhöhte Suchtgefahr und machen "Hannibal" zu einer der mit Abstand besten Serien, die momentan wohl auf dem Markt ist. Man kann wirklich nur hoffen, das an dieser Stelle noch eine ganze Menge folgen wird, denn vorhandenes Potential ist ganz bestimmt genügend vorhanden. Geprägt wird das Format von seinen brillant agierenden Hauptdarstellern, bei denen man wohl kaum eine bessere Wahl hätte treffen können. Besonders positiv fallen dabei vor allem Mads Mikkelsen und der mir eher unbekannte Hugh Dancy auf, die in der Rolle der beiden tragenden Figuren mit sensationellen Leistungen aufwarten können, die eine fast schon hypnotische Wirkung auf den Betrachter ausüben, der man sich keinesfalls verschließen kann.

      Fazit:

      Lange hatte ich überlegt, ob ich überhaupt den Schritt wagen sollte, mir Hannibal Lecter im Serienformat anzutun. Wie gut, das ich die anfängliche Skepsis über Bord werfen konnte, denn ansonsten wäre mir diese brillante Serie höchstwahrscheinlich durch die Lappen gegangen. Man darf gespannt sein wie sich das Ganze weiter entwickelt, doch wenn man nur einigermaßen den hohen Standard und die Qualität halten kann, dann dürften noch einige Staffeln folgen, auf die ich mich jetzt schon freue.

      9/10